Vier Experten kommentieren den Immobilieninvestmentmarkt

Henning Koch, CEO bei Commerz Real, schätzt den Markt aktuelle wie folgt ein: „Immobilien kaufen, halten und auf den Markt hoffen und dann mit Gewinn verkaufen wird als Geschäftsmodell kaum noch funktionieren. Dafür gibt es bei zu vielen Immobilien zu viel Anpassungsbedarf: Seien es neue Nutzungskonzepte, neue Bedürfnisse der Mieter oder ESG. Wer als Investor oder Assetmanager erfolgreich sein will, muss also Assetmanagement- und Baukompetenzen mitbringen. Immobilien sind kein reines Excel-Investment.“
Die Commerz Real hat durchaus Ansprüche an mögliche Investments, wie Henning Koch betont: „Bei der Suche nach Chancen blicken wir aktuell weniger auf bestimmte Assetklassen, denn auf hochwertige Trophy-Immobilien, welche außerhalb der aktuellen Marktphase so gut wie nie angeboten werden – und schon gar nicht zu interessanten Preisen. Die reine Verfügbarkeit solcher Assets ist aktuell die Opportunität.“

Lars Heese, Managing Director bei Redevco Deutschland, rückt stärker das Umfeld von Immobilien in den Fokus. Dazu erklärt er: „Die Städte müssen attraktiver und lebenswerter werden – in Kooperation mit den jeweiligen Stadtspitzen, Behörden und Verwaltungen. Wem das gelingt, dem bieten sich spannende Investitionsmöglichkeiten.“

Dass der Bestand Chancen bietet, ist für Lars Hesse unstrtittig: „Es gibt riesigen Bedarf bei der baulichen Aufarbeitung vieler Gebäude, um sie fit für die Zukunft zu machen – Stichwort Stadtreparatur. Hier müssen wir als Branche auch besser in der Planung werden. Denn in der Vergangenheit, das zeigt der nun existierende Investitionsbedarf bei vielen Immobilien, haben Due Diligence und eingeplante Kosten nicht immer gestimmt.“
Kritischer ist der Redevco Geschäftsführer in Bezug auf die Assetklasse Wohnen: „Am Wohnimmobilienmarkt rechnen wir noch mit Preisanpassungen nach unten. Das gilt vor allem für Grundstücke mit Baurecht, aber zu einem gewissen Grad auch bei Bestandsobjekten.“

Axel Vespermann, Head of Real Estate bei Universal Investment, stellt heraus, welchen Vorteil Investitionen in Immobilien gerade jetzt für Institutionelle haben: „Institutionelle Anleger halten an ihren Immobilienallokationen, die in der Niedrigzinsphase hochgefahren wurden, fest. Grund dafür ist nicht zuletzt, dass sich Immobilien in schwierigen Phasen als Lieferanten verlässlicher Geldflüsse bewiesen haben. Klar ist aber auch: Die Risikoaversion hat aktuell sehr zugenommen.“
Ob sich internationale Investoren im gleichen Maß in Deutschland engagieren, wie zuvor, sieht Axel Vespermann allerdings kritisch: „Wir gehen davon aus, dass die Deutschland-Anteile in globalen Portfolios eher zurückgehen werden. Das Interesse schwenkt vielmehr in Richtung USA und Asien-Pazifik.“

Insgesamt ist Axel Vespermann optimistisch und sagt: „Der Preisverfall neigt sich dem Ende, die Mieten steigen, es gibt verkaufsbereite Eigentümer und die Handwerker rufen einen auch wieder zurück. Wann könnte es eine bessere Zeit für Immobilieninvestments geben als jetzt? Wenn die Preise erst wieder steigen, wird auch der Wettbewerb wieder zunehmen.“

Dr. Jan Linsin, Head of Research Deutschland bei CBRE, sieht die Zeit der Mutigen gekommen: „Die Schockstarre am Immobilieninvestmentmarkt löst sich langsam. Das zeigt auch der Spread zwischen Spitzenrenditen und dem sogenannten ‚Risikolosen Zins‘, also der zehnjährigen Bundesanleihe. Jetzt ist die Zeit der Mutigen. Es öffnet sich ein Fenster, bevor die Preise später wieder steigen.“
Für die Assetklasse Büro bricht Dr. Jan Linsin eine Lanze. Büros in Innenstadtlagen haben Potential, wie Dr. Jan Linsin ergänzt: „Der Bedarf an innerstädtischen Immobilien ist groß. Das zeigt sich nicht zuletzt bei Büroimmobilien, da es viele Unternehmen in moderne und attraktiver gelegene Flächen zieht. Zugleich geht das Neubauvolumen dieser begehrten Flächen aktuell zurück. Wer derartige Flächen besitzt oder neu entwickelt, der kann von entsprechenden Mietsteigerungen profitieren.“