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München, Augsburg, Ingolstadt, Rosenheim: Weitere Kaufpreisrückgänge in den meisten untersuchten Marktsegmenten

München, 24.07.2024

Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat am 23.07.2024 auf einer Video-Pressekonferenz den SpezialReport „München-Augsburg-Ingolstadt-Rosenheim“ vorgelegt. Der Bericht untersucht die Wechselwirkung der Immobilienmärkte in den vier bayerischen Städten. „Die Nachfrage auf dem Kaufmarkt bleibt weiterhin verhalten, auch wenn langsam wieder steigendes Interesse am Immobilienerwerb aufgrund der sich stabilisierenden Bauzinsen wahrnehmbar ist. Mit einer ab Ende 2023 deutlich gesunkenen Inflationsrate sowie wieder nach unten zeigenden Zinsen für Wohnungsbaukredite könnte der Markt in den kommenden Monaten in einem verbesserten Finanzierungsumfeld neue Impulse erfahren“, so Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. 

Die langanhaltende Tendenz mit einer hohen Nachfrage und starken Preissteigerungen wurde durch die veränderten Marktbedingungen im Jahr 2022 unterbrochen. Infolge des Zinsanstiegs haben sich die monatlichen Kosten für Kredite teilweise mehr als verdoppelt. Gleichzeitig haben Kreditinstitute ihre Anforderungen für die Kreditvergabe verschärft. Dies machte es insbesondere Ersterwerbern und Käufern mit einer schwächeren finanziellen Basis noch schwerer, Kredite zu erhalten. Hinzu kam die anhaltend hohe Inflation, die die allgemeinen Lebenshaltungskosten weiter in die Höhe trieb. Dadurch blieb weniger verfügbares Einkommen, um Kredite zu bedienen oder als Eigenkapital einzusetzen. Auch aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Unsicherheiten agierten die potenziellen Käufer eher zurückhaltend. 

Die Vermarktungsdauer der am Markt angebotenen Objekte hat im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Aufgrund der längeren Verweildauer von Immobilien am Markt entsteht der Eindruck eines massiven Angebotsanstiegs. Dabei liegt die gestiegene Vermarktungsdauer teilweise an den Objekten mit einem schlechten Zustand bzw. mit einem erheblichen Modernisierungsbedarf. Da für Kaufinteressenten die Energieeffizienz immer wichtiger wird und die Verkäufer nicht immer bereit sind, die Preise in erforderlichem Maße zu reduzieren, bleiben diese Immobilien lange am Markt und können schließlich nur mit massiven Preisabschlägen veräußert werden.

Die Nachfrage ist derzeit sowohl im Bestand als auch im Neubaubereich verhalten. In den vergangenen Jahren wurden Neubauprojekte in der Regel gut angenommen und oft schon vor der Fertigstellung abverkauft. Obwohl das Interesse an neuwertigen Immobilien nach wie vor hoch ist, ist die Finanzierung solcher Objekte aufgrund der deutlich gestiegenen Zinsen und eines hohen Preisniveaus aktuell nur für eine begrenzte Anzahl von Interessenten möglich.

Infolge der sinkenden Nachfrage nahm die Anzahl der am Markt angebotenen Kaufobjekte zu; insbesondere im Zeitraum zwischen dem zweiten Halbjahr 2022 und dem ersten Halbjahr 2023 wurden verhältnismäßig viele Objektangebote auf dem Markt registriert. Ab dem ersten Halbjahr 2023 verringerte sich die Anzahl der Objekte in München und Augsburg etwas, lag aber im ersten Halbjahr 2024 immer noch deutlich über dem Vorkrisenniveau. In Rosenheim wurden im ersten Halbjahr 2024 etwa genauso viele Objekte angeboten wie im Halbjahr zuvor. In Ingolstadt wuchs die Angebotsmenge im ersten Halbjahr 2024 sogar noch weiter und erreichte die höchste Anzahl der Angebote seit der Trendwende.

Der Preisrückgang auf dem Kaufmarkt setzte sich im Frühjahr 2024 in allen untersuchten Städten bei den meisten Objekttypen fort. Dabei vermeldete München etwas geringere Preisabschläge als die anderen untersuchten Städte. Ausnahmen bildeten hier Baugrundstücke für Geschossbau (-10,0 %) und neuerrichtete Doppelhaushälften (-5,2 %), die vergleichbar hohen Preisrückgänge als zuvor verzeichneten. Im Durchschnitt der vier untersuchten Städte München, Augsburg, Ingolstadt und Rosenheim haben vor allem Grundstückspreise für freistehende Einfamilienhäuser und Geschossbau sowie Kaufpreise für freistehende Einfamilienhäuser deutlich nachgegeben.

Zu den gefragten Objekten gehören derzeit Immobilien, die durch gute Kriterien hinsichtlich der Energieeffizienz, Ausstattung und Lage gekennzeichnet sind. Objekte mit Sanierungsbedarf im energetischen Bereich bedeuten dagegen für potenzielle Käufer zusätzliche, oft schwer einzuschätzende, Kosten.

Interessenten, die aktuell auf der Suche nach Kaufobjekten sind, sind in der Regel bonitätsstarke Käufer mit einem hohen Eigenkapitalanteil. Im Gegensatz dazu sind klassische Käufer mit einem hohen Finanzierungsbedarf deutlich weniger vertreten.

Vor der Trendwende auf dem Wohnimmobilienmarkt verzeichneten alle untersuchten Städte eine hohe Nachfrage sowie, bis auf Ingolstadt, kontinuierlich und deutlich steigende Kaufpreise. Aufgrund eines sehr begrenzten Angebots in den innenstädtischen Bereichen sowie des durch die Pandemie verstärkten Homeoffice-Trends wurden deutliche Ausweicheffekte nicht nur von den Städten in die jeweiligen Umlandgemeinden, sondern auch zwischen den untersuchten Städten, hier insbesondere von München nach Augsburg und Rosenheim, festgestellt.

Im Vergleich der untersuchten Städte ist Augsburg die Pendler-Stadt Nr.1 in Richtung München. Insgesamt pendelten 2023 rund 10.730 Augsburger, 3.340 Ingolstädter und 2.990 Rosenheimer in die Landeshauptstadt. Die Anzahl der Auspendler aus München nach Augsburg und Ingolstadt liegt mit jeweils rund 1.900 Personen auf einem ähnlichen Niveau, während die Anzahl der Münchener, die ihren Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz in Rosenheim haben, bei nur rund 1.050 liegt.

Mit der Trendwende auf dem Kaufmarkt kam es auf dem Mietmarkt ab 2022 zu einer deutlich höheren Dynamik sowohl bei der Nachfrage als auch darauffolgend bei der Mietpreisentwicklung. Im Frühjahr 2024 legten die Mietpreise in allen untersuchten Städten erneut zu. Anstiege wurden vor allen bei Mietwohnungen in Rosenheim (Altbau +5,5 %, Bestand +5,3 %, Neubau +4,7 %) und München (Altbau +3,9 %, Bestand +4,1 %, Neubau +4,9 %) festgestellt.

Aktuell kann die hohe Nachfrage auf dem Mietmarkt, insbesondere im einfachen und mittleren Preissegment, in allen untersuchten Städten nicht bedient werden. Ein seit Jahren wachsender Anteil an Einpersonenhaushalten, hohe Zuzugsraten sowie eigentliche Kaufinteressenten, die ins Mietsegment drängen, da sich ein Immobilienerwerb derzeit nur schwerlich finanzieren lässt, treiben die Nachfrage stetig nach oben. 

Während der Wohnraumbedarf kontinuierlich wächst, kränkelt der Wohnungsbau in Bayern weiterhin spürbar. Die hohe Inflation, die sowohl die Bauzinsen als auch die Personal- und Materialkosten in die Höhe trieb, sowie wachsende technische und energetische Anforderungen an Neubauten haben den Wohnungsbau ab der zweiten Jahreshälfte 2022 zunehmend in eine massive Krise geführt. Angesichts der erschwerten Kalkulation halten sich die Bauträger aktuell zurück, was sich auch in den rückläufigen Baufertigstellungen in vielen Städten Bayerns bemerkbar macht. Vergleicht man die Anzahl der fertiggestellten Wohneinheiten in 2023 und 2021 (vor der Trendwende), wurden in Augsburg (-51 %), Ingolstadt (-14 %) und Rosenheim (-27 %) 2023 deutlich weniger Wohnungen gebaut als noch 2021. Nur in München konnte ein Anstieg der neugebauten Wohnungen von +33 % ermittelt werden. Die aktuelle Krise im Wohnungsbau mit vielerorts stark rückläufigen Genehmigungszahlen könnte den Mietwohnungsmangel in den kommenden Jahren weiter verschärfen.

Alle in dieser Pressemeldung genannten Werte beziehen sich, sofern nicht anders erwähnt, auf den guten Wohnwert bzw. die gute Wohnlage und sind nicht inflationsbereinigt.