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Ladenmieten im Bayern-Trend nach zuletzt spürbaren Rückgängen wieder leicht im Plus

IVD-Gewerbemarktbericht Bayern: Ladenmieten im Bayern-Trend nach zuletzt spürbaren Rückgängen wieder leicht im Plus

München, 24.09.2024
  • Ladenmieten in 1a-Geschäftskernlagen steigen im Bayern-Schnitt um bis zu +1,5 %
  • Münchner Ladenmieten bleiben konstant; Niveau deutlich unter Vor-Corona-Zeit
  • Trotz gedämpfter Flächennachfrage im Bayern-Schnitt spürbare Zuwächse bei den Büromieten (+3,4 %)
  • Büromieten in Münchner Altstadt mit 7,1 % im Plus

Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat am 24.09.2024 auf einer Video-Pressekonferenz den Gewerbemarktbericht „Office/Retail und Investment/Rendite“ Herbst 2024 vorgelegt. Der Bericht gibt Informationen über aktuelle Preise sowie Markttrends auf dem bayerischen Gewerbeimmobilienmarkt und kann über www.ivd-sued-shop.de erworben werden. 

„Auf den Büromärkten ist die Flächennachfrage angesichts einer schwachen Konjunktur weiterhin stark gedämpft. Eine Ausnahme stellen moderne, zentrale Flächen dar, durch deren Vermietung im Zeitraum Frühjahr zu Herbst 2024 nichtsdestotrotz teils spürbare Zuwächse bei den Büromieten beobachtet werden konnten – so zum Beispiel am internationalen Top-Standort München“, erklärt Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Etwas im Aufwind befinden sich die Retail-Märkte. Die deutlich gesunkene Inflationsrate hat die Kaufkraft etwas gestärkt, wenngleich die Verbraucherstimmung insgesamt noch immer gedämpft ist. Die gestiegene Nachfrage nach Ladenflächen hat die Mietpreise im Halbjahresvergleich bis Herbst 2024, nach zuletzt deutlichen Abschlägen, teils stabilisiert oder sogar wieder leicht wachsen lassen.“

Entwicklungen am Retail-Markt 

Nach schwierigen Jahren im Zuge der Corona-Pandemie sowie der wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs profitieren der Einzelhandel und das Gastgewerbe im bisherigen Jahresverlauf 2024 von etwas positiveren Marktbedingungen. Eine spürbar rückläufige Inflationsrate hat der Kaufkraft der Deutschen zumindest einen leichten Auftrieb verschafft. Auch die im Sommer stattfindende Fußball-Europameisterschaft konnte zwischenzeitlich positive Impulse setzen. Insgesamt bleibt die Verbraucherstimmung angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Schwächeperiode jedoch auf einem niedrigen Niveau. Die Vermietungsmärkte zeigen sich in diesem weiterhin schwierigen Umfeld dennoch vergleichsweise stark. Insbesondere gut geschnittene Läden in hochfrequentierten Lagen sind gefragt; in weniger guten Lagen werden teils Incentives, wie etwa mietfreie Zeiten, gewährt, um die Flächen vermietet zu bekommen.

Die letzte große deutsche Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) ist Ende 2023 in den Strudel der Insolvenz rund um die Signa-Gruppe, zu der die Kaufhausimmobilien gehörten, geraten. Anfang 2024 erfolgte die dritte GKK-Insolvenz binnen weniger Jahre. Seit August 2024 haben nun die neuen Eigentümer, ein Konsortium, das von dem Mannheimer Unternehmer Bernd Beetz und dem US-Investor Richard Baker getragen wird, das Sagen. Die Geschäfte werden unter dem Namen „Galeria“ weitergeführt. Nach bereits zahlreichen Filialschließungen im Zuge der vorangegangenen Insolvenz können von den verbliebenen 92 Standorten nun immerhin 83 erhalten bleiben. Dauerhaft geschlossen wurden kürzlich unter anderem das Kaufhaus in Augsburg sowie einer der beiden Standorte in Regensburg. 

„Die versprochene Rettung der Warenhauskette durch die neuen Investoren sowie die Schließung von weniger Standorten, als zunächst befürchtet, waren in den letzten Monaten sicherlich einige der erfreulichsten Nachrichten am deutschen Retail-Markt“, so Prof. Stephan Kippes. Der Marktexperte bleibt dennoch sehr skeptisch, ob die Sanierung letztendlich gelingt oder eine neue Krise folgt. „Große deutsche Warenhäuser wie GKK hatten bereits vor der Corona-Pandemie mit schwindenden Umsätzen zu kämpfen, das schwierige Marktumfeld der letzten Jahre sowie ein starker Wachstumskurs des Online-Handels haben diesen Abwärtstrend weiter beschleunigt. Ob und wie die neuen Eigentümer die Geschäfte nachhaltig ankurbeln können, bleibt somit fraglich“, erklärt Prof. Kippes weiter.

Im Bayern-Durchschnitt zeigten die Ladenmieten (Neuvertragsmieten) im Untersuchungszeitraum Frühjahr zu Herbst 2024 über alle Lagen hinweg moderat nach oben, nachdem in der vorherigen IVD-Erhebung noch spürbare Preisabschläge ermittelt wurden. In den begehrten 1a-Geschäftskernlagen lag das Plus bei 1,5 % für kleinere Läden und 1,3 % für größere Läden.

In der Landeshauptstadt München bewegten sich die Mieten, wie zu großen Teilen schon im Halbjahresvergleich bis Frühjahr 2024, auch in der aktuellen Betrachtung bis Herbst 2024 seitwärts (+/-0,0 %); das derzeitige Mietpreisniveau liegt damit deutlich unter dem Top-Niveau aus der Vor-Corona-Zeit. 

Der Einzelhandelsvermietungsmarkt in München präsentierte sich in der ersten Jahreshälfte 2024 stark. Händler und Gastronomen in den Top-Lagen profitieren von den sehr hohen Lauffrequenzen, die auch durch viele auswärtige Gäste angetrieben werden. Die Tourismusbranche blickt auf ein sehr gutes erstes Halbjahr 2024 zurück; die unter anderem in München stattgefundene Fußball-Europameisterschaft sowie einige ausverkaufte Großkonzerte haben zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland angelockt. Insgesamt konnten einige großflächige Anmietungen beobachtet werden. Pünktlich zum Beginn des Turniers hat so der Fußball-Ausstatter Unisport in der Neuhauser Straße in bester Lage einen Flagship-Store eröffnet. Für das Unternehmen, das seit mehreren Jahren erfolgreich im Online-Handel aktiv ist, ist dies das erste stationäre Geschäft in Deutschland. Die vier verbliebenen Galeria-Standorte in der Landeshauptstadt bleiben derweil unter dem neuen Eigentümer erhalten – die Zukunft des Standorts am Rotkreuzplatz galt lange Zeit als ungewiss.

Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass IKEA die Pasing Arcaden erworben hat. Der multinationale Einrichtungskonzern betreibt seit etwa einem Jahr bereits zwei Planungsstudios in München, eines der beiden Studios befindet sich in den Pasing Arcaden. Mit dem Erwerb des kompletten Kaufhauses könnte IKEA hier eine neue Strategie verfolgen. Es ist denkbar, dass eine deutlich größere Filiale, in der Waren auch direkt abgeholt werden können, entsteht. In London hat IKEA im Zuge seiner Expansionsstrategie so vor wenigen Jahren einen großflächigen ehemaligen Flagship-Store eines Mode-Konzerns erworben.

Die Ladenmieten in den anderen bayerischen Groß- und Mittelstädten bewegten sich in der Halbjahresbetrachtung Frühjahr zu Herbst 2024 größtenteils noch leicht nach unten. Im Durchschnitt der bayerischen Großstädte (ohne München) lag der Preisabschlag im 1a- Geschäftskern bei -3,1 % für kleinere Geschäfte und -3,4 % für größere Läden, im Durchschnitt der untersuchten Mittelstädte wurden im 1a-Geschäftskern entsprechende Preisrückgänge von -1,5 % bzw. -1,6 % ermittelt.

Entwicklungen am Büroimmobilienmarkt

Die Nachfrage nach Büroflächen ist in einem ökonomisch stagnierenden Marktumfeld im Herbst 2024 weiterhin sehr verhalten. „Zahlreiche Unternehmen verzichten angesichts einer verunsichernden Wirtschaftspolitik derzeit auf größere Investitionen am Standort Deutschland, der Büroflächenbedarf ist zudem in den letzten Jahren mit der Etablierung der Arbeit im Homeoffice sowie auch neuer Arbeitsmodelle wie der Vier-Tage-Woche zurückgegangen“, beschreibt Prof. Stephan Kippes die aktuellen Herausforderungen bei der Vermietung von Büroflächen.

Etwas differenzierter stellt sich die Situation an den großen deutschen Bürostandorten, wie der bayerischen Landeshauptstadt München, dar. Hier gibt es eine starke Nachfrage nach modernen Büroflächen in Top-Lagen, die durch hohe Standards in Bezug auf die Qualität, Nachhaltigkeit sowie Energieeffizienz, also durch eine hohe ESG-Konformität*, überzeugen. In diesen Top-Lagen – in München insbesondere innerhalb des Altstadtrings – zeigen die Spitzenmieten somit weiter nach oben. Bei weniger zentralen, in die Jahre gekommenen Büroflächen verläuft der Vermarktungsprozess in der Regel auch an den Top-Standorten deutlich zäher. 

Am internationalen Bürostandort München kletterten die Büromieten innerhalb des ohnehin hochpreisigen Altstadtrings (City A-Lage) mit +7,1 % erneut deutlich nach oben, innerhalb des Mittleren Rings (City B-Lage) blieben die Mietpreise auf hohem Niveau konstant (+/-0,0 %).**

Auch im Bayern-Durchschnitt waren die Büromieten im aktuellen Halbjahresvergleich Frühjahr zu Herbst 2024 mit 3,4 % spürbar im Plus. Im Durchschnitt der bayerischen Großstädte wurde ein Anstieg von +2,5 % ermittelt, angetrieben insbesondere durch einen Zuwachs in München. In Würzburg (+1,9 %) und Augsburg (+0,9 %) kam es ebenso zu Zuwächsen, während die Mieten in Ingolstadt (-1,7 %) und Nürnberg (-0,8 %) etwas nachgaben. Im Durchschnitt der untersuchten bayerischen Mittelstädte wuchsen die Büromieten etwas moderater um +0,9 %. 

Ein tendenzieller Aufwärtstrend bei den Büromieten im Herbst 2024 trotz einer gedämpften Nachfrage ist durch die Vermietung vieler neu errichteter und somit höherpreisiger Flächen zu erklären. „Da Projektentwickler in einem schwierigen Finanzierungsumfeld hinsichtlich ihrer Bauaktivität weiterhin sehr zurückhaltend agieren, werden ab 2026 aller Voraussicht nach spürbar weniger Neubauflächen auf den Markt kommen, als es derzeit noch der Fall ist“, ergänzt Prof. Kippes.

Entwicklungen im Investment-Bereich in München

Als einer der führenden Standorte sowohl in Deutschland als auch im internationalen Vergleich mit einem starken Vermietungsmarkt erfreuen sich die Münchner Investmentmärkte traditionell großer Beliebtheit. Erheblich erschwerte Finanzierungskonditionen sowie eine schwache Konjunktur haben die Nachfrage ab Mitte 2022 jedoch deutlich abgebremst. 

Nach einem schwachen Jahr 2023 scheint die Talsohle nun durchschritten. Insbesondere im Auftaktquartal 2024 konnten im gewerblichen Bereich wieder einige großvolumige Transaktionen in der Landeshauptstadt beobachtet werden. Marktprägend war der Verkauf der Einkaufspassage „Fünf Höfe“ für mehr als 700 Mio. €. Auch das prächtige Büro- und Geschäftsensemble in der Maximilianstraße 12-14 – hier betrieb einst der Münchner Modezar Rudolph Moshammer seine Boutique – wechselte für schätzungsweise 250 Mio. € den Besitzer. Mit dem Kaut-Bullinger-Haus konnte im Frühjahr 2024 für rund 85 Mio. € zudem die erste Münchner Signa-Immobilie verkauft werden. Im zweiten Jahresquartal 2024 präsentierten sich die gewerblichen Investmentmärkte in München wieder etwas verhaltener. Unter den Top 7-Immobilienhochburgen stach die bayerische Landeshauptstadt im ersten Halbjahr 2024 dennoch positiv hervor.

Auch bei Wohn-Investments ist angesichts leicht gesunkener Bauzinsen eine etwas zunehmende Nachfrage zu beobachten. Als Indikator für diese Erholung sind auch die abgeschwächten Kaufpreisrückgänge in der aktuellen IVD-Erhebung Frühjahr zu Herbst 2024 zu werten – die Preisvorstellungen von Verkäufern und Käufern haben sich zunehmend angenähert.

Im Zuge eines sich langsam etwas stabilisierenden Kaufpreisniveaus haben auch die zuletzt sehr starken Rückgänge bei den Wohnhausmultiplikatoren spürbar nachgelassen. In der aktuellen Untersuchung Frühjahr 2024 zu Herbst 2024 gaben die Multiplikatoren noch um -4,5 % (Baujahre vor 1950) bzw. -3,3 % (Baujahre nach 1950) nach.

Die Multiplikatoren für gewerbliche Anlageobjekte – also für Cityobjekte/Handels-immobilien, Büroobjekte sowie Logistikimmobilien – bewegten sich im Halbjahresvergleich größtenteils seitwärts (+/-0,0 %). Lediglich bei Cityobjekten/Handelsimmobilien wurde in 1b-Lagen ein moderater Rückgang von -2,0 % ermittelt. In der Vorerhebung Herbst 2023 zu Frühjahr 2024 gaben die Multiplikatoren für gewerbliche Anlageobjekte noch durchwegs nach.

* ESG-Konformität (Environmental, Social, Governance): Konformität hinsichtlich ökologischer, sozialer und ethischer Aspekte

** Bei den Büromieten handelt es sich in dieser Pressemeldung jeweils um Neuvermietungen im guten Nutzungswert.