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Großvolumige Transaktionen stützen den Investmentmarkt für Wohnportfolios in Deutschland 

07.10.2024
  • Quartalsumsatz mit 2,7 Mrd. Euro um rund 90 Prozent über Vorjahreswert, insgesamt 5,9 Mrd. Euro im bisherigen Jahresverlauf
  • Deutliche Zunahme bei größeren Portfoliotransaktionen, Belebungen bei Projektentwicklungen und Portfolios mit bezahlbarem Wohnraum
  • Öffentliche Hand bleibt stärkste Käufergruppe, börsennotierte Immobilienunternehmen erneut mit dem höchsten Verkäufervolumen 
  • Einheimische Investoren dominieren mit über 76 Prozent auf der Buy-Side, ausländische Käufer treten wieder mehr in Erscheinung
  • Ausblick 2024/2025: Das Transaktionsgeschehen wird weiterhin von der Veränderung der Finanzierungskosten und der Preisfindungsphase beeinflusst. Die Investmentstimmung insgesamt hellt sich auf, sodass sich die aktuell sichtbaren Stabilisierungstendenzen fortsetzen sollten. Neben eigenkapitalstarken Investoren wird steigendes Interesse von anderen institutionellen Käufergruppen erwartet, getragen von Zinssenkungen der EZB, Seitwärtsbewegungen bei den Kaufpreisen und Zunahmen bei den Mieten. 

Nach einer Steigerung der Marktaktivitäten im großvolumigen Segment sind in den vergangenen drei Monaten Wohnportfolios für insgesamt rund 2,7 Mrd. Euro gehandelt worden, womit dieser Zeitraum das beste Quartalsergebnis seit Jahresbeginn 2023 liefert. Dabei wurde der Vorjahreswert (Q3 2023: 1,4 Mrd. Euro) um fast 90 Prozent überschritten. Gegenüber dem Vorquartalsniveau (Q2 2024: 2,4 Mrd. Euro) ergibt sich ein Plus von rund 13 Prozent. Im bisherigen Jahresverlauf sind damit nach der aktuellen Analyse zum Wohnportfoliomarkt von NAI apollo, Mitglied bei NAI Partners Germany, bis Ende September 2024 Wohnportfolios (ab 30 Wohneinheiten) für 5,9 Mrd. Euro gehandelt worden, womit das Vorjahresresultat um 1,2 Mrd. Euro getoppt wird.  

Belebung des Marktes, im längerfristigen Vergleich aber unterdurchschnittlich

Insgesamt wurden in den vergangenen drei Quartalen rund 38.100 Einheiten verkauft, was eine Erhöhung von fast 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr darstellt. „Die Marktaktivitäten auf dem deutschen Markt für Wohnportfolios zeigen eine deutliche Belebung, dennoch bleibt das erzielte Ergebnis im langfristigen Vergleich unterdurchschnittlich. So wurde das Neun-Monats-Mittel der vergangenen fünf Jahre von 13,2 Mrd. Euro um rund 55 Prozent unterschritten. Neben den herausfordernden Rahmenbedingungen und dem schwachen Jahresstart sind vor allem die stetig gestiegenen Rekordergebnisse der Vorjahre für diesen Unterschied verantwortlich. Preisabschläge unter anderem bei restrukturierungsbedürftigen Immobilienbeständen der Assetklassen Value-Add und Opportunistic hatten zusätzlich einen dämpfenden Einfluss auf das absolut erreichte Transaktionsvolumen“, so Dr. Konrad Kanzler, Head of Research bei NAI apollo. 

„Aktuell weist das Wohnportfoliotransaktionsgeschehen Seitwärts- bis leichte Aufwärtsbewegungen auf, was durch die letzte Zinssenkung der EZB neuen Schub bekommen sollte. Von wachsender Bedeutung sowohl für den Bestand als auch für den Neubau sind die neuen Anforderungen hinsichtlich Nachhaltigkeit beziehungsweise Energieeffizienz. Dabei stehen insbesondere entwicklungsfähige Immobilien in wachstumsstarken Ballungsgebieten und Neubauobjekte vor allem aus dem Segment des bezahlbaren Wohnens im Fokus der Marktaktivitäten“, so Dr. Marcel Crommen, Geschäftsführer von NAI apollo.

Großvolumige Segmente mit Zuwachs und größtem Marktanteil

Bei der Unterscheidung nach Größenklassen haben vor allem die großvolumigen Segmente im Vergleich zum Vorjahr einen deutlichen Anstieg des Transaktionsvolumens verzeichnet. „Insgesamt wurde in den Clustern oberhalb der 100-Mio.-Euro-Marke in den ersten drei Quartalen 2024 ein Umsatz von 3,5 Mrd. Euro registriert. Dies ist ein Plus von rund 31 Prozent zu den ersten drei Quartalen 2023. Überdurchschnittliche Zuwächse weisen zudem die kleinteiligen Segmente unterhalb von 25 Mio. Euro auf. In der Summe wurden in diesen Clustern Immobilien für rund 1,1 Mrd. Euro gehandelt, was einem Anstieg von 29,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert entspricht“, so Kanzler. Die bisher größte Transaktion des Jahres ist weiterhin der Ankauf eines Vonovia-Portfolios mit rund 4.500 Wohnungen (inklusive 40 Hektar Grundstück) für rund 700 Mio. Euro in Berlin aus dem zweiten Quartal, der federführend durch die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Howoge getätigt wurde. 

Öffentliche Hand vervielfacht Ankaufsvolumen und dominiert auf der Buy-Side, börsennotierte Unternehmen sowie Projektentwickler stärkste Verkäufergruppen

„Seit Jahresbeginn sticht die öffentliche Hand mit erhöhten Ankaufsaktivitäten hervor, wobei eine Fokussierung auf bezahlbaren Wohnungen vor allem in Projektentwicklungen erkennbar ist. Die Schaffung und die Bereitstellung von preisgünstigerem Wohnraum in angespannten Märkten werden auch in den kommenden Jahren wichtige Aufgaben der kommunalen Gesellschaften bleiben“, sagt Stefan Mergen, geschäftsführender Gesellschafter der apollo valuation & research GmbH. Insgesamt hat die öffentliche Hand Wohnportfolios im Wert von 1,6 Mrd. Euro (Marktanteil: 27,1 Prozent) erworben. Dies entspricht einem Wachstum von 1,1 Mrd. Euro im Vergleich zum Vorjahr (Q1-Q3 2023). Die Gruppe der offenen Immobilienfonds und Spezialfonds sowie die Asset- und Fondsmanager folgen mit einem Volumen von 1,3 Mrd. Euro bzw. 1,2 Mrd. Euro auf den weiteren Plätzen bei der Käuferseite. 

„Verkäuferseitig zeigt sich an vielen Stellen aufgrund von Refinanzierungen und Liquiditätssicherungen weiterhin bestehender Verkaufsdruck. Portfoliobereinigungen sind die Folge. So stechen 2024 bis dato die Gruppe der Immobilienaktiengesellschaften und REITs sowie der Projektentwickler und Bauträger mit einem Verkaufsvolumen von 2,4 beziehungsweise rund 2 Mrd. Euro auf der Sell-Side heraus. Im Vergleich zum Vorjahr konnte vor allem die Gruppe der Projektentwickler und Bauträger die Verkaufssumme um mehr als 80 Prozent steigern. Bei den börsennotierten Unternehmen fiel das Wachstum mit rund 45 Prozent etwas geringer aus“, so Mergen.   

Investmentvolumen von Projektentwicklungen mit überdurchschnittlichem Zuwachs

Trotz der herausfordernden Rahmenbedingungen hat der Handel von Projektentwicklungen deutlich zugenommen. Im Vergleich zum Vorjahr ist das Transaktionsvolumen im Rahmen von Forward-Deals um 81,5 Prozent auf 1,8 Mrd. Euro angestiegen. Dies entspricht einem Marktanteil von 30 Prozent. Dabei sind auch in den letzten Monaten die meisten Ankäufe von Neubauvorhaben von kommunalen Gesellschaften getätigt worden. „Preiskorrekturen bei Neubauentwicklungen sowie neuwertigen Bestandsimmobilien, die ESG-Kriterien erfüllen, finden insbesondere in den deutschen Top-Märkten mittlerweile vermehrt ein Ende. Anpassungsbedarf besteht hingegen häufig noch bei älteren Objekten, vor allem in strukturschwachen Räumen außerhalb der Wachstumsregionen“, sagt Crommen. 

Marktdominanz deutscher Investoren, ausländische Käufer setzen um 22,6 Prozent mehr um

In Bezug auf die Herkunft der Investoren überwiegen in den ersten neun Monaten des Jahres 2024 erneut die einheimischen Investoren. Im Vorjahresvergleich zeigt sich eine Erhöhung des Umsatzes von 3,6 Mrd. Euro auf nunmehr 4,5 Mrd. Euro. „Dies entspricht einem Marktanteil von 76,2 Prozent, was einem leichten Anstieg von 0,7 Prozentpunkten entspricht. Demgegenüber ist der Anteil ausländischer Anleger auf 23,8 Prozent gesunken. Das Ankaufvolumen internationaler Investoren ist damit parallel allerdings auch um 22,6 Prozent auf rund 1,4 Mrd. Euro angestiegen“, so Kanzler.  

Weitere Markterholung trotz schwieriger Wirtschaftslage

„Die aktuellen Rahmenbedingungen sind weiterhin herausfordernd, dennoch weist der deutsche Wohnportfoliomarkt seit den ersten Sommermonaten eine kontinuierliche Belebung auf. Getragen wird diese Entwicklung vor allem von einer positiveren Investmentstimmung bei Großanlegern, wobei im Jahr 2024 vor allem die öffentliche Hand als wichtiger Akteur auf Käuferseite in Erscheinung getreten ist. Stetes Mietwachstum in den Ballungsräumen infolge des steigenden Wohnungsmangels und sinkende Zinsen werden das Marktgeschehen weiter stützen. Parallel hat sich die Abwärtsdynamik der Preise im Vorjahresvergleich abgeschwächt und zum Teil stabilisiert“, fasst Crommen zusammen. „Wir gehen davon aus, dass die Wohnpreise in den kommenden Monaten zumindest eine Bodenbildung erfahren werden. In den Ballungsräumen sowie für hochwertige Objekte sind auch wieder Steigerungen möglich. Damit festigt sich die Erholung des Marktes. Eine Zunahme größerer Transaktionen ist zu erwarten. Das begrenzte Angebot an Neubauobjekten wird wiederum Bestandsportfolios mit Manage-to-Green-Ansatz in den Fokus der Investoren rücken“, erläutert Mergen. Das Transaktionsergebnis für das Gesamtjahr 2024 wird dennoch deutlich unter dem Fünfjahresdurchschnitt (2019–2023: rund 22,1 Mrd. Euro) liegen. Ein Investmentvolumen zwischen 9 und 10 Mrd. Euro hält NAI apollo aber für möglich.