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Gesundheitsimmobilienmarkt Deutschland: Mehr Insolvenz- und weniger Projektverkäufe

07.10.2024
Investmentkennziffern Gesundheitsimmobilienmarkt Deutschland Q3-2024
  • Transaktionsvolumen: Der Investmentmarkt für Gesundheitsimmobilien verzeichnete in den ersten drei Quartalen 2024 ein Transaktionsvolumen von 596 Mio. Euro, was 48 % unter dem Vorjahreswert liegt.
  • Anfangsrendite: Die Spitzenrendite für Pflegeheime blieb zum dritten Mal in Folge stabil und lag Ende des 3. Quartals bei 5,2 %.
  • Ausblick: Belebung für das Schlussquartal in Sicht – Markt bleibt auf den Bestand fokussiert und überwiegend kleinteilig.

In den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres wurden in Deutschland Gesundheitsimmobilien für etwa 596 Mio. Euro gehandelt. Das waren 48 % weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Das 3. Quartal war mit einem Transaktionsvolumen von nur 130 Mio. Euro deutlich umsatzschwächer als die beiden vorherigen Quartale und zugleich das umsatzschwächste Quartal der letzten fünf Jahre. Seit Jahresanfang fanden durchschnittlich 13 Transaktionen je Quartal statt und damit nochmals weniger als im bereits transaktionsarmen Vorjahr (19 Transaktionen je Quartal). Ungeachtet der bislang unterdurchschnittlichen Transaktionszahlen nimmt Savills seit einigen Monaten wieder mehr Bewegung wahr und rechnet im Schlussquartal mit einer Belebung des Marktes.

Max Eiting, Associate Director und Head of Healthcare bei Savills in Deutschland berichtet: „Wir nehmen seit einigen Monaten eine steigende Verkaufsbereitschaft bei den Eigentümern wahr und auch auf der Käuferseite ist der Wille zu Ankäufen wieder verbreiteter. Für das vierte Quartal rechnen wir daher mit mehr Aktivität am Investmentmarkt, die sich auch in einem höheren Transaktionsvolumen niederschlagen dürfte. Positiv auf laufende und anstehende Transaktionen wirkt sich aus, dass die Renditen seit Jahresanfang stabil sind und Pflegeheimbetreiber Erfolge beim Aushandeln höherer Investitionskostensätze vermelden. Ein Hemmschuh bleibt die dennoch schwierige Situation vieler Gesundheitsdienstleister, die insbesondere risikoaversere Käufer weiterhin zögern lässt und die Nachfrage in Richtung der als risikoärmer geltenden Ärztehäuser und Betreuten Wohnanlagen verschoben hat.“

Die Spitzenrendite für Pflegeheime blieb zum dritten Mal in Folge stabil und lag Ende des 3. Quartals bei 5,2 %. Auch für Anlagen des Betreuten Wohnens bewegte sich die Spitzenrendite nicht und blieb bei 4,5 %.

Rückgang bei Projektkäufen, Anstieg der Insolvenzverkäufe

Der Investmentmarkt für Gesundheitsimmobilien stellt sich in diesem Jahr insgesamt überwiegend kleinteilig dar. Laut Savills gab es in den ersten drei Quartalen des Jahres nur eine Transaktion größer als 50 Millionen Euro. Auf Projektentwicklungskäufe entfielen lediglich 8 % des Volumens (Fünfjahresmittel: 21 %). Auffällig ist ein Anstieg der Insolvenzverkäufe – diese machten 17 % des Transaktionsvolumens aus. Bei den Einzeltransaktionen waren es sogar 22 % des Volumens und jede vierte Transaktion. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr handelte es sich bei 11 % aller Einzeltransaktionen um Insolvenzverkäufe und im Mittel der fünf Jahre davor sogar nur bei 2 %.

Fundamentale Wachstumsperspektive als Nachfragetreiber am Investmentmarkt

In den letzten Monaten beobachtete Savills eine stärkere Nachfrage von internationalen Investoren. Diese Akteure zielen insbesondere auf größere Volumina ab und sind bei Bieterprozessen größerer Portfolios aktiv. Auch die deutschen Kapitalverwaltungsgesellschaften, die zum Ende des letzten Marktzyklus sehr aktiv waren und im Zuge der Zinswende ihre Ankäufe deutlich heruntergefahren haben, werden nach Beobachtung von Savills wieder aktiver. Insgesamt liegt der Fokus vieler Käufer auf Core-Plus-Produkten, weil Core-Objekte kaum zum Verkauf stehen und Value-Add-Ansätze im stark regulierten Gesundheitsimmobilienmarkt einen sehr hohen Managementaufwand bedeuten.

Der Treiber der Nachfrage bleibt die fundamentale Wachstumsperspektive des Gesundheitsimmobilienmarktes, wie Matti Schenk, Associate Director Research bei Savills in Deutschland, erläutert: „Die aktuelle Pflegevorausberechnung des Statistischen Bundesamtes zeigt in ihren Hauptvarianten einen deutlichen Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen in den nächsten 25 Jahren. Dies wird die Nachfrage nach stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen, aber auch nach anderen Gesundheitsdienstleistungen erhöhen. In einer alternden Gesellschaft werden nicht nur mehr Pflegeimmobilien, sondern auch mehr Ärztehäuser und Rehabilitationseinrichtungen benötigt. Da die Bautätigkeit jedoch zu niedrig ist, wird das Angebot knapp bleiben und der Bestand müsste langfristig an Wert gewinnen. Angesichts des fundamentalen Bedarfs dürften Gesundheitsimmobilien nicht nur in den Fokus von Immobilien-, sondern zunehmend auch von Infrastrukturinvestoren rücken, was langfristig zu einer steigenden Nachfrage auf dem Investmentmarkt führen könnte.“

Insolvenzen bleiben belastender Faktor

Der langfristigen Wachstumsperspektive am Nutzermarkt stehen aktuell immer noch große wirtschaftliche Herausforderungen bei den Gesundheits- und Pflegedienstleistern gegenüber. Eine mangelnde Betreiberqualität oder das Fehlen von vertraglich vereinbarten Auskunftspflichten verhindert nach Beobachtung von Savills in der Regel Transaktionen. Matti Schenk konstatiert: „Für einige Betreiber kommen neu verhandelte und, wie uns berichtet wurde, durchaus adäquate Investitionskostensätze zu spät und auch der Mangel an Fachpersonal bleibt ein wirtschaftliches Risiko. Dies führt dazu, dass die Insolvenzwelle bislang noch nicht gebrochen ist. Insgesamt ist die Zahl der eröffneten Insolvenzen im Gesundheits- und Sozialwesen weiterhin auf einem außerordentlich hohen Niveau. Die Diskrepanz zwischen der strukturell steigenden Nachfrage nach Pflege- und Gesundheitsdienstleistungen und einem fehlenden nachhaltigen Reformmodell zur Sicherstellung der Finanzierung stellt insbesondere bei Pflegeheiminvestitionen weiterhin ein Risiko dar.“ Max Eiting ergänzt: „Höhere Investitionskosten werden sich mittelfristig positiv auf die wirtschaftliche Lage von Pflegeheimbetreibern auswirken, weshalb das Vertrauen von Investoren in diese Nutzungsart unserer Beobachtung nach schon jetzt langsam zurückkehrt. Angesichts bereits heute hoher Eigenanteile für Pflegeheimplätze dürfte jedoch die Zahl der Sozialhilfeempfänger in Pflegeheimen weiter ansteigen. Weil in manchen Bundesländern die Investitionskosten zwischen Sozialhilfeempfängern und Selbstzahlern gesplittet werden, drohen hier neue wirtschaftliche Risiken für manche Betreiber und Objekte. Mehr denn je ist in diesem Segment umfangreiches Fachwissen seitens der Investoren gefragt.“

Pflegeheime mit höchstem Volumenanteil

Während viele Käufer momentan vor allem auf Betreutes Wohnen und Ärztehäuser abstellen, werden die Transaktionsvolumina bei beiden Objektarten durch ein mangelndes Angebot an Core- und Core-Plus-Objekten gedämpft, wie Max Eiting kommentiert: „Moderne Ärztehäuser und Anlagen des Betreuten Wohnens sind am Investmentmarkt aktuell rar. Außerdem sind die beiden Sektoren von vielen kleinteiligen Objekten geprägt, was die Produktverfügbarkeit für viele Investoren einschränkt. Dementsprechend sind Pflegeheime nach wie vor das liquideste Segment am Investmentmarkt. Gleichwohl sind es Ärztehäuser und Betreutes Wohnen, bei denen wir aktuell wieder mehr Gebote und schneller verlaufende Transaktionsprozesse feststellen. Hier zeigt sich aus unserer Sicht klar, dass der Investmentmarkt wieder Fahrt aufnimmt.“ In den ersten drei Quartalen des Jahres entfielen 60 % des Transaktionsvolumens auf Pflegeheime. Auf Ärztehäuser entfielen 12 % und auf Betreutes Wohnen 7 %. Damit sank der Volumenanteil von Betreutem Wohnen deutlich (Fünfjahresmittel: 21 %). Rund 8 % des Volumens entfiel auf Rehakliniken und auf Krankenhäuser bzw. Fachkliniken 10 %. Bezüglich der Krankenhäuser ist hervorzuheben, dass es sich hierbei überwiegend um Käufe mit dem Ziel einer anschließenden Umnutzung handelte.

Transaktionsvolumen dürfte auf über eine Milliarde Euro steigen

Weil sich noch einige größere Pflegeheimportfolios am Markt befinden, dürfte der Volumenanteil von Pflegeheimen bis Jahresende weiter steigen. Insgesamt geht Savills davon aus, dass das Transaktionsvolumen am Gesundheitsimmobilienmarkt bis Jahresende auf etwas über eine Milliarde Euro steigt, wobei der Vorjahreswert von 1,3 Mrd. Euro wahrscheinlich nicht erreicht wird.

Bitte entnehmen Sie alle Daten und Fakten unserem aktuellen Market in Minutes: Gesundheitsimmobilienmarkt Deutschland

Weiterführende Informationen

https://www.savills.de