Die Immobilienkrise ist längst nicht vorbei – hoher Wohnungsbedarf ist flächendeckendes Phänomen
Inzwischen zum sechsten Mal stellen der Projekt- und Gebietsentwickler BPD (Bouwfonds Immobilienentwicklung) und das Analyseunternehmen bulwiengesa ihre gemeinsame Studie zur Situation des Wohnungsmarktes in Deutschland vor. Mit der sogenannten Wohnwetterkarte werden Wohnungsmarkttrends und deren Veränderungen anhand einer Farbskala ähnlich einer Wetterkarte dargestellt. Wo ein hoher tatsächlicher Wohnungsbedarf und ein geringes Angebot aufeinandertreffen, wird es laut Wohnwetterkarte sehr heiß. Die heißeste Kommune liegt in diesem Jahr übrigens im Berliner Umland: Ketzin bei Potsdam.
Krise der Bau- und Immobilienwirtschaft nicht überwunden – Herausforderungen bleiben
Auch die Wohnwetterkarte 2024 steht im Zeichen der Krise von Bau- und Immobilienwirtschaft. Der Einbruch der Fertigstellungszahlen, insbesondere in Hochpreisregionen, zeigt das ganz deutlich. Dieser trifft Metropolen und deren umliegende Landkreise ganz besonders stark, aber auch bei kleineren hochpreisigen Städten wie Bamberg und Potsdam sind die Auswirkungen auffällig.
Eine weitere Konstante bleibt gegenüber den vergangenen Jahren bestehen: Teure Grundstückspreise und hohe Baukosten machen die Schaffung von (bezahlbarem) Wohnraum zu einem schier unmöglichen Unterfangen. Wohnungsbau war in den letzten Jahren bereits herausfordernd – die Situation hat sich weiter verschärft. Die geänderte Zinslandschaft und eine weiter hohe Zuwanderung, nicht zuletzt durch Geflüchtete aus der Ukraine, betreffen das ganze Land.
Wohnungsknappheit wird zu einem Thema in der Fläche
Das von der Politik angestrebte Ziel von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr liegt in weiter Ferne. Dabei wird sich der dramatische Einbruch an Baufertigstellungen sogar erst in den kommenden Jahren so richtig bemerkbar machen. bulwiengesa geht im Mittel von lediglich 203.000 Wohnungsfertigstellungen im Jahr aus, mit einem Tiefststand von nur 175.000 Wohnungen im Jahr 2026. Demgegenüber rechnet das Analysehaus mit 480.000 benötigten Wohneinheiten pro Jahr, aufgrund sinkender Ankünfte von Kriegsflüchtlingen sogar etwas weniger als noch im Vorjahr.
Alexander Heinzmann, Geschäftsführer (Sprecher) von BPD in Deutschland, sagt: „Die starke Anspannung des Wohnungsmarktes hat insgesamt weiter zugenommen und wird sich aller Voraussicht nach weiter verschärfen. Grund dafür sind vor allem die geringen Baufertigstellungen. Es zeigt sich bereits, dass Regionen heißer geworden sind, die die Nachfrage bisher mit entsprechender Neubautätigkeit bedienen konnten. Der weiter erhöhte Wohnungsbedarf und die gleichzeitig eingebrochenen Fertigstellungszahlen sorgen nun für großflächige Temperaturanstiege.“
Zur Lösung der Wohnungsfrage sowie zur Dekarbonisierung des Immobiliensektors rücken vielfach die Bestandssanierung und Umnutzung in den Vordergrund der Diskussion – klar ist aber, dass es ohne gezielte Neubauaktivität nicht realistisch ist, den Bedarf an allen benötigten Standorten zu decken.
Umland heizt sich weiter auf – finanzielle Leistbarkeit rückt in den Fokus
Ausgehend von den Großstädten verschiebt sich angesichts eines geringen Angebots und einem gleichzeitig hohen Bedarf die Nachfrage immer weiter in das Umland, wodurch sich ehemals kühlere Bereiche stärker aufheizen und die Temperaturunterschiede langsam verschwimmen.
In den vergangenen Wohnwetterkarten war beispielsweise der Rhein-Neckar-Raum um die Städte Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg in einer vergleichsweise komfortablen Lage. Die hohe Wirtschaftskraft und die ordentlichen Fertigstellungszahlen sorgten außerhalb weniger Top-Lagen für einen auch preislich moderaten Wohnungsmarkt. Dies hat sich nun auch hier verändert, sodass weitere Entlastungsstandorte in der Region gefragt sind. In Bayern gilt ähnliches für den Raum Würzburg, in Oberschwaben für Ravensburg.
„Nachdem die Zuwanderung nun fast überall in Deutschland Leerstände abgebaut hat, kommt durch den bevorstehenden Einbruch bei den Baufertigstellungszahlen das Thema Wohnungsknappheit jetzt in Regionen an, die das seit Jahrzehnten nicht kannten. Dabei wird die finanzielle Leistbarkeit zum zentralen Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt“, sagt Alexander Heinzmann.
Produkte dem regionalen Bedarf anpassen – Politik bei Rahmenbedingungen in der Pflicht
BPD und bulwiengesa kommen angesichts dieser Analyse zu dem Schluss, dass es für Entwickler zur zentralen Aufgabe wird, passende Angebote hinsichtlich Größe, Ausstattung und Preisgestaltung dort zu machen, wo sie auch gebraucht und nachgefragt werden. Neue Projekte müssen deshalb noch stärker an die Bedürfnisse und die regional vorhandenen Rahmenbedingungen angepasst werden, um zukunftsfähige Projekte zu entwickeln.
Gleichzeitig sehen BPD und bulwiengesa nach wie vor die Politik in der Pflicht, Rahmenbedingungen so zu setzen, dass schnellere Planungs- und Genehmigungsprozesse möglich werden und die bauplanungsrechtlichen Vorgaben zu den tatsächlichen Notwendigkeiten passen, um so den Weg zu mehr bedarfsgerechten Angeboten hinsichtlich Nachfrage und finanzieller Leistbarkeit zu ebnen.