Politik

37 Prozent Staatsquote sind für die Branche unerträglich!

08.01.2025
Iris Schöberl

ZIA-Präsidentin Iris Schöberl schreibt in ihrem Gastbeitrag, worauf es 2025 politisch für die Branche ankommt.

Nach dem Bruch des Bündnisses aus SPD, Grünen und FDP („Ampel“) stehen Neuwahlen im Februar 2025 an. Bei Amtsantritt der Koalition im Jahr 2021 hatte man sich noch ambitionierte Ziele im Bereich Baupolitik gesetzt. Im Koalitionsvertrag wurden die Themen bezahlbarer Wohnraum, Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Bausektor sowie die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren vereinbart.  

Blicken wir auf das Jahr 2024 zurück, dann fällt die Bilanz wohl gemischt aus. 400.000 Wohnungen jährlich wollte der Bund bauen. Die offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes liegen zwar noch nicht vor. Es steht aber schon fest: Die Bundesregierung ist von diesem Ziel weit weg. Sicher: Nicht alles ist der Politik der „Ampel” anzulasten. Die schwierigen Rahmenbedingungen, ausgelöst vornehmlich durch den verbrecherischen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, die damit verbundene Verteuerung von Energie und Baustoffen, Zinssteigerungen, den Fachkräftemangel und andere äußere, kaum beeinflussbare Faktoren schufen eine sehr schwierige Gemengelage. Die Auswirkungen auf die immobilienwirtschaftlichen Unternehmen und die Menschen in Deutschland waren (und sind) deutlich zu spüren. Menschen in den großen Städten suchen nach bezahlbaren Wohnungen. Für viele Unternehmen war es ein Fahren auf Sicht.  

Es gibt weiter erhebliche Herausforderungen. Der Zentrale Immobilien Ausschuss hat schon Anfang 2023 klargemacht, wo die Regierung Spielräume hätte, um Entlastung zu schaffen. Der ZIA hatte sich intensiv mit den einzelnen Kostenkomponenten befasst und dann detailliert darlegen können, wie hoch die „Staatsquote“ in der Preisbildung durchschlägt.

Auf 37 Prozent taxiert der ZIA die „Staatsquote”. Darunter fassen wir den staatlichen Anteil an der Preisbildung, verursacht durch Auflagen, Abgaben und Steuern, zusammen. Das zeigt: Der Staat hat einen enormen Anteil an den Preissteigerungen bei Vermietung und Verkauf von Wohneinheiten. Es zeigte aber auch: Es gibt Handlungsspielraum. 

Die etwas bessere Stimmung und die positivere Bewertung der Geschäftslage der Branche sind vor allem auf den gesunkenen Leitzins und die Erwartungen sinkender Bauzinsen beziehungsweise steigender Nachfrage zurückzuführen. Mit dem neuen Programm „Klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment“ (KNN), dem Programm „Klimafreundlicher Neubau“ (KFN) und den Sonderabschreibungen für den Neubau gab es erste Ansätze für neue Impulse, die sich aber am Markt noch auszahlen müssen. Für den Moment kann man bilanzieren: Die notwendigen, großen Impulse blieben aus. 

Ausblick auf das kommende Jahr – was die Immobilienwirtschaft von der Politik erwartet 

Der ZIA-IW-Stimmungsindex aus dem Dezember 2024 belegt verhaltenen Optimismus. Die Kraft der Erneuerung aber reicht bei weitem nicht, um beim Wohnungsbau die Trendwende einzuleiten, die Deutschland unbedingt braucht. Wenn es für tausende Mieterinnen und Mieter über Monate nicht ein einziges Angebot für eine Wohnung gibt, dann läuft etwas grundlegend schief in diesem Land. Deutschland muss Abschied nehmen von 37 Prozent „Staatsquote”, engen Vorgaben mit starren, kleinteiligen Bauvorschriften, überholten Lärm-Auflagen und einem Baugesetzbuch, das zu sehr von Angst und regulatorischer Enge geprägt ist.  Die Lage schreit nach einer Trendwende im Zeichen von weniger Staat. 

Damit Deutschland beim Planen, Bauen und Investieren wieder auf Touren kommt, müssen mit einem eigenständigen Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen Grundlagen für eine stringente Politik geschaffen werden – in einem Ressort mit erweiterten Kompetenzen auch für Fragen des Mietrechts, der Energie- und Klimapolitik.  

Die Aufgaben sind riesig. 

Die Erwartung: Die Parteien sind gefragt, nach der Wahl zügig eine neue und handlungsfähige Regierung zu bilden. Die strukturellen Probleme sind zu ernst für Reförmchen und langes Zögern. Es ist eine große Aufgabe, vor der die künftige Koalition steht. Sie wird sich an den Ergebnissen messen lassen müssen. Ein Klein-Klein und Weiter So ist jedenfalls keine Option. 

Auch die Branche kann etwas leisten. Die Kraft der Innovation darf nicht unterschätzt werden. Das bedeutet am Anfang auch immer Investition ohne immediate return. Doch ich bin fest davon überzeugt, dass in Digitalisierung, Automatisierung und KI der Schlüssel für schnelleres, günstigeres und zukunftsweisendes Bauen, bezahlbaren Wohnraum und konkurrenzfähige Geschäftsmodelle liegt.

Es braucht diese Investitionen gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Viele Unternehmen haben Innovationsabteilungen oder kaufen Know-how von aufstrebenden PropTechs. Schwierige Lagen bieten auch immer wieder Chancen. Unterschätzen wir nicht die Kraft der Veränderung. 

Ihnen allen ein frohes und erfolgreiches neues Jahr 2025.