PropTech | Funding / Investments

blackprint „PropTech Report 2024“: Wann platzt der Knoten?

Höchste PropTech Zahl, hohe Neugründungsquote, mehr Finanzierungsrunden & mehr Investoren – aber weniger Wagniskapital in 2024

Frankfurt am Main, 29.01.2025
Entwicklung des Finanzierungsvolumen in Milionen Euro.
  • 196 Neugründungen sowie Entdeckung von Immobilieneigentümern als Zielgruppe von Energieeffizienz-Startup resultiert in höchster Anzahl jemals aktiver PropTechs in Deutschland (+41% Zuwachs)
  • Das schwierigste hinter sich? Trotz schwierigem 1. Halbjahr sind Insolvenzen um -21% rückläufig im Vergleich zu 2023
  • Erstmals sinkt das Finanzierungsvolumen (-9%)
  • Der einseitige Fokus auf Energieeffizienz zieht sich weiter durch
  • PropTech bleibt relevant: deutliche Steigerung der Transaktionen (+73%) und überdurchschnittliche Zunahme ausländischer Investoren

Der nationale Innovations-Hub des Bau- und Immobiliensektors blackprintpartners GmbH (blackprint) mit Sitz in Frankfurt am Main hat den „blackprint PropTech Report“ für das Jahr 2024 veröffentlicht. Mit den seit 2021 halbjährlich erscheinenden Reports dokumentiert und analysiert blackprint anhand messbarer Indikatoren die Entwicklungen des deutschen PropTech Start-Up und -Wagniskapitalsektors als Treiber für den Innovationsreifegrad der Bau- und Immobilienwirtschaft.

PropTech im Aufwind: Eine Branche reift heran

Seit seiner Entstehung im Jahr 2014 hat der PropTech-Sektor eine beeindruckende Entwicklung durchlaufen. Heute umfasst er auf einem Rekordhoch mehr als 1.264 Startups und verzeichnete 2024 mit einem Wachstum von 41% seinen bislang stärksten Anstieg. Die Wachstumsdynamik setzt sich aus unterschiedlichen Treibern zusammen. Den größten Anteil haben 196 Neugründungen, die knapp an den Rekordwert aus 2021 heranreichen. Doch zwei weitere Treiber sind messbar, bei denen Unternehmen mit älterem Gründungsjahr auf dem PropTech Radar erscheinen: Zum einen identifizieren Startups aus dem Energieeffizienz-Bereich zunehmend Immobilien-Bestandshalter als Zielkunden und finden ihren Weg in den Bau- und Immobiliensektor. Zum anderen werden die lange „unsichtbaren“ Coronajahrgängen sichtbar, die sich zuhauf im Jahr 2024 erstmals aus der Deckung und hinein in die Positionierungs-Offensive begeben haben.

Krise ist spürbar aber nicht bestimmend: Pleitewelle flacht merklich ab

Die letzten zwei Jahre stellten den PropTech-Sektor auf eine harte Probe: wirtschaftliche Schieflagen stiegen 2023 deutlich an. Doch seit dem 2. Halbjahr 2024 zeigt sich eine Trendwende: Insolvenzmeldungen sanken um 21% im Vergleich zum Vorjahr, und der Markt bereinigt sich langsamer. Besonders betroffen sind Bereiche wie Planen & BIM sowie Vermarktung.

Regionale Hotspots und neue Dynamiken

Trotz ihrer Rolle als Innovationszentren verlieren die A-Immobilienstädte, in denen rund 50% der PropTechs ihren Sitz haben leicht an Attraktivität. Das Wachstum in Metropolregionen wie Rhein-Ruhr, Rhein-Main oder Rhein-Neckar übertrifft zunehmend das in den Stadtzentren selbst. Der Osten Deutschlands zeigt hingegen rückläufige Zahlen.

Erstmals weniger Wagniskapitalvolumen und neue Finanzierungsformen identifizierbar

Für 2024 lässt sich ein Mindestvolumen von 1,018 Milliarden Euro Wachstumsfinanzierung und damit -9% weniger als im Rekordjahr 2023 identifizieren, das in deutsche PropTech Startups geflossen ist. 81% davon in den Bereich Energieeffizienz als Wertschöpfungsstufe. Der einseitige Fokus bleibt im Jahr 2024 bestehen und verstärkt sich zunehmend. Auf das übermächtige Segment folgen Sanieren und Bauen im Bestand (63 Millionen Euro), sowie Finanzieren, Bewerten und Investieren (41 Millionen Euro).

Erstmals lassen sich im Jahr 2024 mit Debt Fundings/Financing neue Finanzierungsformen im PropTech Sektor identifizieren. Diese würden das Gesamtfinanzierungsvolumen theoretisch durch sechs Runden bei 4 Unternehmen um 2,715 Milliarden Euro erhöhen, umfassen allerdings allesamt Fremdkapitalfinanzierungen im Bereich der Asset-Heavy Geschäftsmodellen rund um PV-Anlagen, Wärmepumpen bzw. das heiße Thema der Energiewende und werden deshalb in der Finanzierungsvolumenanalyse nicht berücksichtigt.

Die Top 3 Wagnisfinanzierungen (ohne Debt Funding) gehen auf die Finanzierung von Enviria (185m€ – Series B), 1KOMMA5 (Series C – 150m€) und Cloover (105m€ – Seed) zurück.

Gleichzeitig ist exponentiell die Anzahl der Finanzierungsrunden um +73% insbesondere in den frühen Phasen (Pre-Seed und Seed) angestiegen.  Die späteren Runden (Series A, B, C) sind absolut nahezu auf Vorjahresniveau, so dass die Skalierung von erfolgreich im Markt platzierten Lösungen sowie deren Weiterentwicklung aktuell deutlich zu wenig Finanzierungsvolumen findet.

Ein messbares Wachstum im Bereich der M&A-Transaktionen ist zum einen auf steigende Produktreifegrade, zum anderen auf wirtschaftliche Schieflagen und strategische Übernahmen durch etablierte Marktakteure zurückzuführen.“

Malte Westphal, Head of Scouting & Market sowie blackprint Experte für den PropTech- und Start-Up Finanzierungsbereich, ordnet die Jahresanalyse wie folgt ein: „Es gibt so viele aktive PropTechs wie nie zuvor im deutschen Markt. Die Abdeckung der gesamten Wertschöpfung ist breit wie nie. Die Neugründungen befinden sich nahe Rekordniveau, das totale Finanzierungsvolumen (inkl. des Debt Funding) ist exponentiell gewachsen, die Pleitenwelle scheint ausgebremst. PropTech zeigt eindrucksvoll, wie schnell sich ein junger Sektor zur Innovationsschmiede entwickeln kann. Doch die Challenges für Startups liegen weiterhin im (Wagnis) Kapitalzugang zur Finanzierung von Produktweiterentwicklungen, zur Sichtbarmachung und Skalierung ihrer Angebote sowie insbesondere an der Herausforderung, in einem krisengebeutelten, zurückhaltenden Markt mit den kaum digitalisierten Kunden ausreichend Aufträge und Umsätze für eine positive Fortführungsprognose zu generieren. Auch wenn der Finanzierungsfokus wieder recht einseitig ist, haben trotzdem sämtliche Wertschöpfungsstufen mindestens eine erfolgreiche Finanzierungsrunde verzeichnen können. Hoffnungsvoll auf ein Ende des einseitigen Energieeffizienz-Fokus stimmt, dass – wenn auch teilweise nur im niedrigen einstelligen Bereich – jede Wertschöpfungsstufe sowohl Finanzierungsvolumen wie Transaktionsrunden verzeichnen konnte.“

Der HighTech Gründerfonds (HTGF) bleibt der aktivste Wagniskapitalgeber mit insgesamt 5 Beteiligungen, gefolgt von 468 Capital Management, Bitstone, Norrsken, PT1, Speedinvest und Superangels, welche allesamt 4-mal in Erscheinung treten. Insgesamt wurden 325 beteiligte Investoren im Jahr 2024 identifiziert, wobei insbesondere die VCs eine führende Rolle eingenommen haben (56%). Bis auf strategische Investoren und Private Equity Finanzierer verzeichnen sämtliche Investorengruppen ein starkes positives Wachstum. Auffallend ist im Jahr 2024 insbesondere der Zuwachs an ausländischen Geldgebern. Mit 196 Kapitalgeber aus Deutschland entspricht dies rund 60% der Beteiligten. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 haben die deutschen Geldgeber noch rund 70% ausgemacht.

Der Knoten zwischen Angebot, Bedarf und Nachfrage

Sarah Schlesinger, Managing Partner von blackprint: „Mehr PropTechs und ein reiferes Lösungsangebot als je zuvor stehen nach zwei harten Jahren bereit für Digitalisierung und Transformation des Bau- & Immobiliensektors. Das Angebot trifft auf breiten, dringenden Bedarf ob durch regulatorischen Druck, ineffiziente Prozesse oder sinkende Margen. Allerdings gehört zur Wahrheit auch, dass dieser Bedarf von einer nicht industrialisierten Branche ohne Standards, mit niedrigstem Digitalisierungsgrad und ohne F&E bzw. Innovations-Strukturen ausgeht, der zwar Lösungen will, allerdings zu Nachfrage in Form von Einkaufsfähigkeit kaum in der Lage ist. Es krankt am gordischen Knoten aus Willen aber (noch) nicht Können, aus fehlendem Investment aber Verlangen nach perfekten Lösungen, aus hohem Zeitdruck, aber keiner Zeit für die richtigen Weichen. Spannend wird, was passiert, wenn dieser Knoten platzt.“

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