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Bundestagswahl 2025: Aengevelt bewertet wohnungspolitische Programme der Parteien

Düsseldorf, 12.02.2025

Die Wohnungsnot und der damit verbundene, seit Jahren anhaltende Anstieg des Mietniveaus haben sich zu einem der dringendsten gesellschaftlichen Probleme entwickelt. Umso interessanter ist, was die Parteien in ihren Programmen zur Bundestagswahl 2025 ankündigen, um den Wohnungsmangel zu bekämpfen. DIP-Partner Aengevelt Immobilien hat die wohnungspolitischen Aussagen der Parteien analysiert und bewertet. Das Ergebnis ist ernüchternd.

Um die Wohnungsnot zu bekämpfen, ist es nach Erkenntnissen von Aengevelt Research unerlässlich jährlich rd. 600.000 Wohneinheiten über einen Zeitraum von mehreren Jahren neu zu schaffen. Eine Neubauleistung in dieser Größenordnung ist tatsächlich in den 1990er Jahren in vier Jahren hintereinander erreicht worden. Allerdings herrschten damals noch andere Investitionsbedingungen und eine bessere Förderkulisse. Nach Einschätzung von Aengevelt Research ist eine wirksame Bekämpfung der Wohnungsnot nur zu erwarten, wenn die drei klassischen Säulen der Wohnungspolitik wieder reaktiviert werden:

1. Eine Förderung des sozialen Wohnungsbaus mit zinsverbilligten Krediten und Teilschulderlassen bzw. Investitionszuschüssen, die hinreichend attraktiv ist, um Investoren in großem Stil zu veranlassen, neue Sozialwohnungen zu bauen.

2. Eine wirksame Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums, die besonders effizient ist, weil die Bauherren selbst große Vor- und Nachsparleistungen einbringen.

3. Eine steuerliche Begünstigung des Baus von Mietwohnungen durch eine degressive Abschreibung in Höhe von anfangs 7 %, die keine echte Subvention, sondern eine Steuerverschiebung darstellt.

Ergänzend sind folgende Maßnahmen erforderlich:

4. Durchgängige Rücknahme bzw. in begründeten Fällen mindestens hinreichende Aussetzung staatlicher Überregulierungen, die einen überproportionalen Anstieg der Baukosten bewirkt haben.

5. Schaffung von Investitionssicherheit und Vertrauen durch Verzicht auf überzogene mietrechtliche Eingriffe in das Eigentumsrecht.

Flankierend können auch – nach diversen Gesichtspunkten differenzierte – Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer sowie Vereinfachungen des Planungs- und Bauordnungsrechts und die Unterstützung der Kommunen bei der Mobilisierung von Bauland hilfreich sein, wobei aber die begrenzten Kompetenzen des Bundes zu beachten sind. Im Einzelnen bewertet Aengevelt die programmatischen Aussagen der Parteien wie folgt:

CDU/CSU

Die Priorität der Union besteht darin, den Wohnungsneubau zu stimulieren. Dazu setzt sie primär auf der Kostenseite an. Bauordnungs- und Raumordnungsrecht sollen entschlackt werden und der von der Ampelkoalition eingeführte Gebäudetyp E erhalten bleiben. In Zusammenarbeit mit Ländern und Kommunen soll die Ausweisung von Bauland forciert werden. Dazu sollen auch bundeseigene Grundstücke für den Wohnungsbau bereitgestellt werden. Die Union will keine neuen Standards, die Baukosten erhöhen. Der EH55-Standard soll im Rahmen der KfW-Programme für die Eigentumsförderung wieder förderfähig werden. Überhaupt soll die Eigentumsförderung verbessert werden. Der Mietwohnungsbau soll durch eine Sonderabschreibung für den Geschosswohnungsbau auf angespannten Wohnungsmärkten sowie durch eine „wirkungsvolle“ degressive AfA angekurbelt werden. Um Mietsteigerungen zu begrenzen, will die Union eine Anpassung des Werbungskostenabzugs, um steuerliche Nachteile für Vermieter aufzuheben, die Mieten unterhalb der Vergleichsmiete verlangen. Die geltenden mietrechtlichen Regelungen sollen unangetastet bleiben. Der soziale Wohnungsbau soll „solide“ gefördert werden. Ein Anreiz für die energetische Sanierung soll geschaffen werden, indem die Kosten bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer abzugsfähig werden sollen.

Dr. Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter von Aengevelt Immobilien kommentiert: „Das Programm der Union ist solide. CDU und CSU wollen zumindest Schluss damit machen, dass immer wieder neue Standards die Baukosten in die Höhe treiben. Die wirksamsten Impulse für den Wohnungsbau dürften von der Sonderabschreibung und der – allerdings noch nicht spezifizierten – Erhöhung der degressiven AfA ausgehen. Das Wort `solide‘ umfasst allerdings auch, dass keine nennenswerte Ausweitung der Förderung des sozialen Wohnungsbaus angestrebt wird. Unsere Bewertung in Schulnoten: Drei plus.“

SPD

Das Wahlprogramm der SPD legt seinen Schwerpunkt auf die Begrenzung des Anstiegs der Mieten. Die Mietpreisbremse soll verlängert und verschärft werden. Indexmietverträge sollen gedeckelt werden. Die Kappungsgrenze soll auf 6 % innerhalb von drei Jahren reduziert werden. Durch die Ausweitung des Betrachtungszeitraums auf zehn Jahre sollen sich die Mietspiegel noch weiter von der tatsächlichen Marktmiete abkoppeln und entfernen. Strafrechtliche Regelungen zum Mietwucher sollen verschärft werden. Die Umwandlung in Eigentumswohnungen und Eigenbedarfskündigungen sollen erschwert werden. Mit verschiedenen Maßnahmen will die SPD die Struktur der Eigentümer und Investoren verändern. Gemeinnützige Wohnungsunternehmen sollen Sonderzuschüsse erhalten; Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften sollen mit Eigenkapitalhilfen ausgestattet werden und es soll wieder eine bundeseigene Wohnungsbaugesellschaft geschaffen werden. Das Bekenntnis zur Senkung der Baukosten wird dadurch konterkariert, dass Barrierefreiheit als Standard in Förderprogrammen verankert werden soll. Zur Förderung der Eigentumsbildung finden sich nur Maßnahmen, die im Verantwortungsbereich der Kommunen liegen (Einheimischen-Modelle und Konzeptvergaben). Die Feststellung, dass sich die Förderung des sozialen Wohnungsbaus bereits auf „hohem Niveau“ befinde, lässt erahnen, dass keine Ausweitung der Förderung angestrebt wird.

Dr. Wulff Aengevelt: „Das Wahlprogramm der SPD ist ein Horrorprogramm für Eigentümer von Mietwohnungen, das tief in das Eigentumsrecht eingreift und vermutlich verfassungswidrige Vorschläge enthält. Die angestrebte Begünstigung gemeinnütziger Wohnungsunternehmen zeugt ebenfalls von dem Willen, die Marktmorphologie zu Lasten privater Investoren zu verändern. Dass Gemeinnützige die Grundrechenarten auch nicht außer Kraft setzen können, will die SPD nicht einsehen. Das Programm enthält fast nichts, was zur nachhaltigen Steigerung der Neubauzahlen beiträgt, stattdessen aber Vieles, was Investoren eher noch weiter verschrecken wird. Schulnote: eine glatte Fünf.“

Die Grünen

Das Wahlprogramm der Grünen enthält, ähnlich wie das der SPD, die gleiche Schwerpunktsetzung auf die Begrenzung des Mietenanstiegs und weitgehend die gleichen Maßnahmen: Verschärfung der Mietpreisgrenze, der Kappungsgrenzen und des Wirtschaftsstrafrechts sowie Begrenzung von Indexmieten. Grünenspezifisch ist, dass Sanierungen warmmietenneutral auf die Mieten umgelegt werden müssen. Außerdem soll der Mieterschutz auf Gewerbemieter ausgedehnt werden. Kündigungen von Mietverträgen sollen erschwert werden, nicht nur bei Eigenbedarf, sondern auch bei Mietschulden. Zur Förderung der Eigentumsbildung sollen neue Förderprogramme aufgelegt werden, die sich aber auf Bestandsmaßnahmen und nicht auf den Neubau konzentrieren sollen. Maklerprovisionen und Notargebühren sollen reduziert werden. Den Geschäftsmodellen von „Wohnkonzernen und Immobiliengesellschaften“ wird der Kampf angesagt, ohne dass dies näher spezifiziert wird. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus soll verbessert werden; zugleich sollen die Belegungs- und Mietpreisbindungen unbefristet gelten. Die energetische Bestandsmodernisierung soll gefördert werden. Die Ausweisung von Bauland soll bis 2030 begrenzt und perspektivisch auf “Nettonull“ reduziert werden.

Dr. Wulff Aengevelt: „Der antimarktwirtschaftliche Impetus ist bei den Grünen noch schärfer ausgeprägt als bei der SPD. Es ist praktisch keine Maßnahme erkennbar, um den Wohnungsneubau zu steigern, dafür aber eine Reihe von Forderungen, die ihn noch weiter erschweren. Unsere Bewertung hinsichtlich des Beitrags zur Bekämpfung der Angebotsengpässe auf den Wohnungsmärkten: Fünf minus.“

AfD

Die AfD will, dass die Deutschen „ein Volk von Eigentümern werden“. Um die Anschaffungs- und Bewirtschaftungskosten zu senken, will sie die Grunderwerbsteuer für Selbstnutzer, die Grundsteuer, die EEG-Umlage, die CO₂-Steuer und das Gebäudeenergiegesetz abschaffen. Kostentreibende Regelungen der Europäischen Union werden abgelehnt. Die Umwandlung von Mietwohnungen in selbstgenutztes Wohneigentum soll gefördert werden. Der soziale Wohnungsbau soll auslaufen und durch ein verbessertes Wohngeld ersetzt werden. Die Mietpreisbremse wird abgelehnt.

Dr. Wulff Aengevelt: „Im Wahlprogramm der AfD sind überhaupt keine Ansätze zu erkennen, dem Wohnungsmangel entgegenzuwirken. Die Förderung der Eigentumsbildung ist ideologisch getrieben und ist auf Umwandlungen im Bestand fokussiert, die keinen neuen Wohnraum schaffen. Der soziale Wohnungsbau soll sogar komplett abgeschafft werden. Die Forderungen zur Kostensenkung sind derart radikal, dass sie unrealistisch sind. Schulnote: Fünf minus.“

FDP

Die FDP will die Abschreibungsmöglichkeiten für den Mietwohnungsbau verbessern und die Baukosten senken. Mit einem Baukostenmoratorium will sie staatliche Baukostentreiber stoppen, u.a. Genehmigungsverfahren beschleunigen, auf Umweltgutachten verzichten, staatliche Auflagen zu Gebäudeenergie, Brand- und Gesundheitsschutz sowie Statik reduzieren und dem Wohnungsbau Priorität einräumen. Das Heizungsgesetz soll auslaufen. Neben Nachverdichtung und Aufstockung soll die Ausweisung neuer Bauflächen erleichtert werden. Die Mietpreisbremse soll auslaufen. Die Kappungsgrenze bei energetischer Sanierung soll abgeschwächt werden. Die Eigentumsbildung soll durch einen großzügigen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer erleichtert werden. Zum sozialen Wohnungsbau findet sich überhaupt keine Aussage.

Dr. Wulff Aengevelt: „Die FDP setzt am konsequentesten auf die Beseitigung von Investitionshemmnissen für den Wohnungsneubau und macht die konkretesten und weitreichendsten Vorschläge zur Baukostensenkung. Aber ihre Vorschläge zur steuerlichen Begünstigung des Mietwohnungsbaus bleiben merkwürdig unkonkret, die angestrebten Maßnahmen zur Eigentumsförderung reichen nicht aus und die Angebotsknappheit wird sich ohne Förderung des sozialen Wohnungsbaus nicht erreichen lassen. In Summe Note Drei plus.“

Die Linke

Die Linke sagt den Wohnungsvermietern den Kampf an. Sie will „Investoren zurückdrängen“. Sie will Mieterhöhungen bundesweit für sechs Jahre ausschließen. Staffel- und Indexmietverträge sollen verboten werden. Der Kündigungsschutz soll erweitert werden. Die Grundsteuer soll nicht mehr auf die Betriebskosten umgelegt werden. Sanierungen sollen warmmietenneutral sein. Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohneinheiten sollen entschädigungslos vergesellschaftet werden. Die Linke will einen Anteil von 30 % gemeinnützigen Vermietern auf dem Wohnungsmarkt erreichen. Die soziale Wohnraumförderung soll auf gemeinnützige Wohnungsunternehmen beschränkt werden; dabei soll die Sozialbindung auf ewig gelten. Auf leerstehende Wohnungen soll eine Abgabe von 10 Euro pro Quadratmeter erhoben werden, das gilt auch für unsanierte Wohnungen und in strukturschwachen Regionen.

Dr. Wulff Aengevelt: „Die Linke strebt eine Umgestaltung des Wohnungssektors zu einer sozialistischen Wirtschaftsordnung an, in der es keinen Platz mehr für private Investoren gibt. Zentrale Maßnahmen sind eindeutig grundgesetzwidrig. Ihre Maßnahmen würden zu einem nahezu vollständigen Zusammenbruch des Wohnungsbaus führen. Schulnote Sechs.“

BSW

Auch das BSW will den gemeinnützigen und den kommunalen Sektor stärken. Die Sozialbindung bei gefördertem Wohnraum soll ebenfalls ewig gelten. Das Wohngeld soll nicht erhöht werden; stattdessen sollen die Mieten gedeckelt werden. Auf angespannten Wohnungsmärkten sollen die Mieten eingefroren werden. Sanierungskosten sollen nicht mehr umgelegt werden dürfen, sondern sind allein von den Vermietern zu tragen.

Dr. Wulff Aengevelt: „Das BSW strebt nach dem Vorbild der DDR eine kalte Enteignung der privaten Hauseigentümer durch das Einfrieren der Mieten an. Als Folge wird, wie in der DDR, der private Wohnungsbestand verfallen. Der Wohnungsneubau wird weiter zurückgehen; das Angebotsdefizit wird sich verschärfen. Schulnote Sechs.“

Fazit

Dr. Aengevelt fasst die Bewertung der Aussagen der Wahlprogramme zur Wohnungspolitik wie folgt zusammen: „Die Linke und das BSW streben ein Zurückdrängen privater Investoren, eine kalte Enteignung privater Vermieter und eine Vergesellschaftung des Wohnungssektors an. Bemerkenswert ist, dass SPD und Grüne `light-Versionen‘ dieser Strategie verfolgen, wenn auch sie noch stärker in das Eigentumsrecht eingreifen wollen, Mieterhöhungen erschweren wollen und den Ausbau des gemeinnützigen Sektors vorantreiben wollen. Die Bekämpfung der Wohnungsnot durch die Förderung des Wohnungsneubaus spielt bei all diesen Parteien kaum eine Rolle. Einzig Union und FDP wollen die Bedingungen für den Wohnungsneubau verbessern, vorrangig durch eine Begrenzung (bei der Union) bzw. Senkung (bei der FDP) der durch staatliche Überregulierung angestiegenen Baukosten, aber auch durch eine Verbesserung der degressiven Abschreibung für Mietwohnungen. Im Bereich der Eigentumsförderung und der Förderung des sozialen Wohnungsbaus lassen aber auch die bürgerlichen Parteien die nötige Entschlossenheit vermissen, den Wohnungsmangel wirksam zu bekämpfen, indem mit geeigneten Maßnahmen die Fertigstellungszahlen von rd. 600.000 Wohneinheiten pro Jahr erreicht werden, mit denen in den 1990er Jahren die damalige Wohnungsnot überwunden werden konnte.“