Das Interesse war groß: münchner immobilien fokus traf mit der Diskussion über die Erbschaftssteuer einen Nerv
„Dauerthema Erbschaftssteuer: Die Effekte der ,Neidsteuer‘ auf Miet- und Kaufpreise“. So lautete das Thema des münchner immobilien fokus, der am 24. Oktober im Literaturhaus stattfand. Zu der bis auf den letzten Platz besetzten Veranstaltung geladen hatten die Aigner Immobilien GmbH sowie die Acconsis GmbH Steuerberatung. Eröffnet wurde das Thema durch einen Impulsvortrag von Rudolf Stürzer, dem Vorsitzenden des Haus- & Grundbesitzervereins München. Deutlich wurde: Es gäbe Alternativen für die Erbschaftssteuer, doch die Politik hat kein Interesse daran, sie zu ändern oder abzuschaffen. Durch den Abend führte der Journalist Sebastian Krass.
Als vor 20 Jahren in München ein Mehrfamilienhaus mit einem Verkehrswert von 2 Mio. Euro vererbt wurde, fielen 380.000 Euro Erbschaftssteuer an. Beim erneuten Erbfall im Jahr 2022 betrug die Steuerlast 2,3 Mio. Euro – eine Steigerung von 600 %. Die Mieten wiederum stiegen während dieser Zeit um 40 %. „Damals hat der Erbe die Steuer über die Mieten solide finanziert und konnte das Haus halten. Heute geht das nicht mehr“, erläuterte Rudolf Stürzer in seinem Vortrag, der den diesjährigen münchner immobilien fokus einleitete.
Vor einem vollbesetzten Saal im Literaturhaus beschrieb der Vorsitzende des Haus- & Grundbesitzervereins München die Problematik, die mit der Berechnungsart der Erbschaftssteuer einhergeht. Da diese sich am Bodenwert orientiere, der in den vergangenen Jahren gerade in München massiv gestiegen ist, sei die Steuer für die meisten Erben nicht mehr finanzierbar. Der Verkauf an Investoren sei die Folge: „Und dann weht für die Mieter ein anderer Wind.“
Stürzer nannte zwei Gründe, warum die Erbschaftssteuer in Deutschland ein „heißes Eisen“ sei: Zum einen sei sie aufgrund der hohen Bodenpreise eine nicht unerhebliche Einnahmequelle für den Staat geworden. 2007 betrugen die Einnahmen über die Erbschaftssteuer bundesweit 3,8 Mrd. Euro. 2023 waren es 3,6 Mrd. Euro. Allerdings nur in Bayern. Zum anderen sei das Thema Neid mit der Steuer verknüpft. „In Deutschland herrscht der Gedanke vor: Die Eigentümer sind ja alle reich.“
Problematisches Bild des privaten Vermieters
Die angeschnittenen Aspekte wurden in der anschließenden lebhaften Diskussion von den Podiumsteilnehmern aufgegriffen und vertieft. Thomas Aigner, Geschäftsführer und Inhaber der Aigner Immobilien GmbH, wies darauf hin, dass die Debatte hierzulande durch die ausgeprägte Mieterkultur erschwert werde. Die Politik habe eher diese Klientel im Blick und nicht die Eigentümer. „Und was man ja auch gerne mal vergisst: Diese Immobilien wurden mal gebaut oder gekauft – und zwar mit versteuertem Geld. Aber das ist halt unsere Steuerkultur.“
Agnes Fischl-Obermayer, Steuerberaterin, Fachanwältin für Erbrecht und Geschäftsführerin von ACCONSIS, machte nochmal deutlich, wie problematisch die Wahrnehmung des Vermieters seitens der Politik sei. „Viele Vermieter wollen sozial vermieten, bekommen aber Probleme mit dem Finanzamt, wenn sie zu weit unter der ortsüblichen Miete sind. Das könnte man ändern, aber das ist nicht gewollt: Man ist der Meinung, dass der Vermieter dann Steuerhinterziehung begeht!“
Schnell wurde deutlich, dass eine sachliche Auseinandersetzung zwischen Immobilienwirtschaft und Politik über die Erbschaftssteuer an dem Bild des Eigentümers bzw. Vermieters scheitert. Dabei gehe es gar nicht um eine komplette Abschaffung, sondern um eine Änderung, wie Wolfgang Donhärl, selbst Immobilienerbe, betonte. Donhärl konnte nur mit einem Kredit für die 1 Mio. Euro hohe Steuerlast den Verkauf seines Familienbesitzes abwenden, musste dafür aber die Mieten drastisch erhöhen. Er plädiert dafür, den Steuersatz nicht nach dem Grundstückswert, sondern nach den Mieteinnahmen zu bemessen.
Zugleich nahm Donhärl ein Missverhältnis im Steuerrecht in den Blick: „Wenn ich keine 14, sondern 301 Wohnungen hätte, dann wäre ich eine Wohnungsbaugesellschaft und müsste überhaupt keine Erbschaftssteuer zahlen. Wir als kleine Vermieter werden relativ hoch besteuert – wer aber deutlich mehr Vermögen besitzt, ist befreit. Diese Ungerechtigkeit sollte man mal in den Blick nehmen.“
Ähnlich sieht es die Geschäftsführerin des Deutschen Mieterbund Landesverbandes Bayern, Monika Schmid-Balzert. Sie lehnt eine Abschaffung ab, weil die Einnahmen der Allgemeinheit zugutekämen. „Aber wenn ein Vermieter bezahlbaren Wohnraum vermietet und erhält, soll man ihm bei der Steuer entgegenkommen. Das wurde leider bei der neuen Wohnungsgemeinnützigkeit verpasst. Da hätte man für die sozialen Vermieter nachsteuern können.“
Bei Donhärls Forderung, die „haltlose Bodenspekulation“ zu unterbinden, gab es Applaus – ein Umstand, der den Präsidenten des Haus- & Grundbesitzervereins Deutschland, Dr. Kai H. Warnecke, irritierte. Da sehe man, wie Immobilienpreise wahrgenommen würden. „Fakt ist: Wer vor 50 Jahren den DAX oder eine Immobilie gekauft hätte, stünde mit dem DAX heute besser da. Rein nominal, vom Wert her, ist es nicht der Fall, dass ist in den letzten Jahren eine haltlose Spekulation entstanden ist. Das lässt sich in allen Bereichen ablesen. Das Einzige, was überhaupt noch dämmend auf den Verbraucherpreisindex wirkt, sind die Mieten. Das ist die Realität.“
Auch Thomas Aigner legte Einspruch ein bei der Idee, den Bodenwert einzufrieren. Um eine Stadt zu entwickeln, müsse es Möglichkeiten geben. „Der Bodenwert wird abgleitet aus unbebauten Grundstücken – genau da muss man ansetzen. Da muss man nicht einfrieren. Das wäre so, als würde man eine Käseglocke drüberstülpen. Aber der Käse wird dadurch nicht frischer.“
Nach der Podiumsdiskussion sorgte das Thema zwischen Zuhörern und Teilnehmern noch lange für Gesprächsstoff.
Im kommenden Jahr geht die Veranstaltungsreihe münchner immobilien fokus in eine neue Runde. Der genaue Termin sowie das Thema werden rechtzeitig bekannt gegeben.