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Die Talsohle auf dem Büromarkt scheint erreicht

Frankfurt am Main, 17.07.2024
Jens Hogekamp, Geschäftsführer der Becken Development GmbH
  • Stabilisierung bei Renditen
  • Marktpolarisierung zwischen zentralen Lagen und Randlagen nimmt weiter zu
  • Großtransaktionen im ersten Halbjahr kaum vorhanden

Im Rahmen einer Online-Pressekonferenz zum Büroimmobilienmarkt gaben die Referenten Tobias Dichtl, Co-Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers, Felix Meyen, Geschäftsführer der HIH Invest, und Jens Hogekamp, Geschäftsführer der Becken Development GmbH, einen Ausblick auf die weitere Entwicklung zum zweiten Halbjahr 2024 und blicken zurück auf die erste Jahreshälfte. Im ersten Halbjahr 2024 Jahres waren Großtransaktionen auf dem Investmentmarkt für Büroimmobilien nahezu nicht vorhanden. Insgesamt betrug laut Colliers das Transaktionsvolumen im ersten Halbjahr 2024 rund 2,2 Milliarden Euro. Bei den Renditen zeichnet sich zunehmend eine Stabilisierung ab. Die durchschnittliche Bruttorendite für Büros in den Top-7- Standorten betrug im ersten Halbjahr 4,9 Prozent, im zweiten Halbjahr erwartet Colliers nur noch einen leichten Anstieg der Bruttorendite in den Top-7 auf rund 5,0 Prozent. Tobias Dichtl, Co-Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers, kommentiert: „Wir sehen eine Beruhigung des Finanzierungsumfeldes, herbeigeführt durch die Zinswende und einer damit einhergehenden Stabilisierung der Zinslandschaft. Wir kommen damit in eine ‚neue Normalität‘. Investoren werden allmählich aktiver, weswegen wir im zweiten Halbjahr 2024 eine leichte Belebung des Transaktionsmarkts erwarten.”

Tobias Dichtl, Co-Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers. Copyright: Colliers

Felix Meyen, Geschäftsführer der HIH Invest, ergänzt seine Markteinschätzung: „Wir beobachten Kapitalzuflüsse, die sich vor allem auf das Core-Segment fokussieren, mit guten ESG-Faktoren und in zentralen Lagen.“ Ähnlich sieht es Jens Hogekamp, Geschäftsführer der Becken Development GmbH: „ESG-konforme, moderne Büroflächen haben einen Markt. Neben Top-CBD-Lagen sind nachhaltige und zeitgemäße Flächen auch in gewachsenen innerstädtischen Stadteillagen wie beispielsweise im industriell geprägten Stadtteil Obersendling in München gefragt.” Hier hat Becken kürzlich das Fabrik-Office fertiggestellt. Die Büroimmobilie ist zu 70 Prozent vermietet, bis Jahresende soll die Vollvermietung erreicht sein.

Felix Meyen, Geschäftsführer der HIH Invest. Copyright: HIH

Der Aufwärtstrend bei den Spitzenmieten in den Top-7 bleibt ungebrochen und wird laut Colliers auch für die zweite Jahreshälfte anhalten. Im zweiten Quartal 2024 war im Vorjahresvergleich im Durchschnitt der Top-7 ein Plus von 4,6 Prozent zu verzeichnen. Dichtl, kommentiert: „Insbesondere die fortschreitende Marktpolarisierung im Hinblick auf Gebäudequalität und Lage treibt die Mieten im Spitzensegment weiter in die Höhe, während sich die Durchschnittsmieten eher heterogen zeigen.“ Diese Ansicht bestätigt Meyen: „In zentralen Lagen vermieten wir Büros gerade besser als wir es vor zwei Jahren in unseren Business-Plänen prognostiziert haben. Aber Büros in Randlagen kommen unter Druck, dort wird der Leerstand steigen.“

Einen erheblichen Einfluss auf die Büroflächennachfrage hat das Home-Office. Laut Colliers werden mittel- bis langfristig rund 12 Prozent weniger Büroflächen benötigt. Noch ist die Fertigstellungspipeline bei Neubauprojekten in den Top-7 gut gefüllt. Jedoch wird das Volumen aufgrund des Nachfragerückgangs ab 2025 abnehmen und voraussichtlich 2026 unter dem 10-jährigen Mittelwert liegen. Dadurch stagniert die bislang steigende Leerstandsquote und pendelt sich nach Prognosen von Collier ab 2026 bei zirka 8 Prozent ein. Meyen dazu: „Fakt ist, dass größere Nutzer aktuell ihre Flächen reduzieren, doch insgesamt wird die Assetklasse Büro derzeit übermäßig abgestraft, was auch Einstiegschancen birgt. Ich erwarte für Büroimmobilien insgesamt eine moderate Entwicklung, aber definitiv keine Krise.“

Der sich ändernde Bedarf nach Büroflächen wirkt sich auch auf die Ausstattungskriterien aus. Hogekamp sagt zu diesem Aspekt: „Ein nachhaltiges Objekt und eine flexible Flächenaufteilung sind in der Vermietung Grundvoraussetzung, um potenzielle Nutzer zu überzeugen. Zudem werden zunehmend Faktoren wie eine gute, abwechslungsreiche Architektur, Dachterrassen oder Außenflächen und eine räumliche Flexibilität durch zum Beispiel unterschiedliche Deckenhöhen und erhöhte Traglasten angefragt, um auch andere Nutzungen wie beispielsweise Labore unterzubringen. Auf der Fläche sind hochwertige Ausstattungsmerkmale entscheidend für den Vermietungsprozess.” Dazu gehören laut Hogekamp beim Münchner Projekt Fabrik neben Communityflächen und einer Baristabar für alle Mieter auch ein Fahrradaufzug zum hauseigenen Fahrradkeller mit Umkleidekabinen und Duschen sowie E-Ladestationen für PKWs und E-Bikes.