Einzelhandelsmarkt übertrifft mit starkem Schlussquartal 2024 die Erwartungen
Großanmietungen beflügeln den Gesamtmarkt und insbesondere Leipzig
Mit dem zweitstärksten Einzelquartal seit mehr als fünf Jahren hat der deutsche Markt für Einzelhandelsvermietungen das Jahr 2024 abgeschlossen. Der Flächenumsatz von 127.600 m² wurde seit dem dritten Quartal 2019 nur einmal übertroffen – im zweiten Quartal 2024 mit 136.600 m². Damit kommt das Gesamtjahr auf 478.300 m², was sechs Prozent über dem Vorjahr und auch wieder deutlich über dem Fünfjahresschnitt von 438.000 m² liegt. Die Zahl der Abschlüsse legte im Jahresvergleich von 878 auf 932 zu.
Aniko Korsos, Head of Retail Leasing JLL Germany: „Die konstante Nachfrage nach großen Flächen hat den Markt nicht nur stabilisiert, sondern auch deutlich über den Erwartungen abschließen lassen. Vor allem die Textilbranche und Warenhäuser wie Woolworth und Non-Food-Discounter wie Tedi und Action expandierten mit Ladenlokalen jenseits 1.000 m² und sorgten so für ein deutliches Plus beim Flächenumsatz.“ Insgesamt 272.700 m² und damit 57 Prozent der angemieteten Fläche entfallen auf die Größenkategorie mit mehr als 1.000 m², wovon mit 131.700 m² knapp die Hälfte auf das Konto des Textilhandels ging. Woolworth mietete insgesamt 20 Läden an, davon neun großflächige. Bei Tedi waren es elf von 17, bei Action fünf große Märkte unter 14 Neueröffnungen.
Topflächen in den Metropolen sind gefragt, aber nur begrenzt verfügbar
Der Löwenanteil der Vermietungsumsätze wurde 2024 in Städten außerhalb der zehn Metropolen generiert: Mit 64 Prozent gingen fast zwei Drittel des registrierten Flächenumsatzes in die Regionen, während die zehn Handelszentren 36 Prozent des Flächenumsatzes beziehungsweise 173.500 m² erzielten. Damit liegen die zehn Metropolen knapp unter dem Fünfjahresschnitt von 38 Prozent. „Der Rückgang ist auf einen teilweisen Mangel an guten, verfügbaren Flächen zurückzuführen. Einige geplante Projektentwicklungen wurden nicht im angedachten Zeitplan realisiert, sodass sich Vermietungen nach hinten schieben. Daneben sehen wir sehr lange Anmietprozesse in den Metropolen und manche Mandate lassen sich derzeit gar nicht platzieren“, erklärt Aniko Korsos.
In der Rangliste der dynamischsten Metropolen setzt sich Hamburg (31.100 m²) minimal gegen die Hauptstadt Berlin (31.100 m²) durch. Damit erzielt die Hansestadt erneut ein sehr starkes Resultat, wenn auch knapp unter dem Vorjahresergebnis, das durch den Sondereffekt Überseequartier mit zahlreichen Anmietungen besonders viel Rückenwind hatte. Berlin blieb derweil hinter den Erwartungen und auch deutlich hinter dem eigenen Fünfjahresschnitt zurück. Zwar wurden viele Neuvermietungen gezählt, doch fand der Großteil in den beiden kleinsten Größenklassen unter 100 m² und zwischen 100 m² und 250 m² statt.
Leipzig setzt sich durch sieben Großanmietungen vor München, Köln und Frankfurt
Vor allem Leipzig (19.000 m²) profitierte von Großanmietungen und konnte seinen dritten Rang bis zum Jahresende behaupten. Während 2023 nur eine Anmietung im Großflächenbereich zu verzeichnen war, wurden im abgelaufenen Jahr gleich sieben Abschlüsse jenseits der 1.000 m² verzeichnet. Zusammen machten sie fast die Hälfte des Flächenumsatzes aus und sorgten dafür, dass sich Leipzig vor München, Düsseldorf, Stuttgart und Köln einreihte, obwohl deren Ergebnisse teilweise deutlich über dem Vorjahr liegen.
In Frankfurt verlief das Jahr 2024 deutlich ruhiger als 2023, als die Mainmetropole auf dem dritten Rang landete. Für 2024 reicht es nach einem Flächenumsatz von 13.800 m² nur für den achten Platz. Dahinter reihen sich Hannover mit 5.500 m² und Nürnberg 4.200 m² ein.
In der Branchenanalyse bleibt die Textilbranche mit 37 Prozent am Flächenumsatz führend, wenn auch nicht mehr so dominant wie 2023, als der Anteil 41 Prozent betrug. „Ein Grund ist, dass die Textilbranche Konkurrenz bei der Anmietung von Großflächen durch die Non-Food-Discounter und Warenhäuser bekommen hat“, erläutert Korsos.
Dabei entfallen fast 80 Prozent des Vermietungsumsatzes bei den Textilhändlern auf Bekleidungshäuser sowie Young-Fashion-Anbieter. Bei Ersteren besonders sichtbar waren Modepark Röther, P&C und erneut die konstant expansive Modekette C&A. Im Marktsegment Young Fashion war die Inditex-Gruppe mit ihren Labeln Bershka, Pull & Bear, Stradivarius und Zara sehr aktiv und mietete 22.000 m² verteilt auf 14 Läden an. Gleichzeitig sicherte sich die Bestseller-Gruppe 20 Ladenlokale mit insgesamt 9.700 m² für ihre Konzepte Only, Only & Sons, Vero Moda und Jack & Jones. New Yorker agierte insbesondere im vierten Quartal ebenso expansiv und kommt für das Gesamtjahr auf sieben Neueröffnungen mit zusammengerechnet 11.200 m².
Zweitstärkste Branche bleibt Gastronomie/Food mit 18 Prozent, verliert aber nochmals vier Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Nach dem Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden größten Branchen während der Pandemie herrschen jetzt wieder klare Verhältnisse. Im Segment Gastronomie/Food sind es vor allem die Systemgastronomen (32,4 Prozent) und die Lebensmittelanbieter (40,5 Prozent), die zusammen fast drei Viertel des Flächenumsatzes beisteuern.
„Dabei haben die Systemgastronomen sich um fünf Prozentpunkte verbessert, während die Aktivitäten der Lebensmittelanbieter weiterhin rückläufig sind. Ihr Anteil gab um acht Prozentpunkte nach. Expansiv war hier nur die Kette Go Asia mit acht neuen Flächen sowie die Discounter Aldi mit drei und Netto mit fünf, während sich die Supermarktketten zurückhielten“, bilanziert Korsos.
In der Systemgastronomie sticht der Coffee-Anbieter Starbucks mit neun neuen Standorten hervor sowie die Dönerketten Haus des Döners (6) und Mangal x LP10 (8). Hinzu kommen die Gastroketten L‘ Osteria (7) und 60 seconds to napoli (5).
Die Spitzenmieten in den zehn Metropolen sind im Vergleich zu 2023 stabil geblieben. Nur Nürnberg macht eine Ausnahme und korrigiert den Wert von 135 Euro auf 130 Euro leicht nach unten. Die Prognose für das erste Quartal 2025 geht von konstanten Werten aus.
Für die weiteren 56 von JLL untersuchten Städte waren in den Einwohnerklassen von 500.000 Einwohnern und mehr sowie der angrenzenden Klasse von 250.000 bis 500.000 Einwohnern nur noch ein geringer Rückgang der Spitzenmiete von rund 0,5 Prozent zu verzeichnen. In den kleineren Städten von 100.000 bis 250.000 Einwohnern gab sie um 2,8 Prozent nach. Im deutschlandweiten Durchschnitt aller 66 untersuchten Städte sank der Spitzenmietpreis um 1,8 Prozent. „Für den weiteren Jahresverlauf zeichnet sich aber bereits eine leichte Entspannung ab und ich rechne in einzelnen Metropolen erstmalig mit leichten Mietpreisanstiegen“, sagt Korsos.