Junge Assetklasse im Fokus von Investoren
- Politisch gewollte Ausweitung der ambulanten Versorgung steigert die Nachfrage
- Der demographische Wandel, ein gestiegenes Gesundheitsbewusstsein und diverse Kosteneinsparungspotenziale sind Treiber für die Nachfrage nach ambulanten Gesundheitsimmobilien
- Transaktionsvolumen für Gesundheitsimmobilien erreichte 2023 knapp eine Milliarde Euro
- Spitzenrendite (Nettoanfangsrendite) für Ärztehäuser und Gesundheitszentren betrug Ende 2023 etwa 4,8 % (+0,7 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr)
Gesundheitsimmobilien rücken in den Fokus institutioneller Investoren. Zwei Faktoren sind dafür wesentlich: Gut prognostizierbare Fundamentaldaten dieser Immobilien in einer alternden Gesellschaft sowie eine relative Unabhängigkeit von konjunkturellen Schwankungen. Jedoch gibt es innerhalb des Segments unterschiedliche Entwicklungen. Während Pflegeheime durch Kostensteigerungen, Fachkräftemangel und Betreiberinsolvenzen unter Druck geraten, ist das Marktumfeld für Ärztehäuser und Gesundheitszentren stabil und relativ konjunkturunabhängig. Die Gründe für deren hohe Wertstabilität sind u. a. hohe Indexierungen in den Mietverträgen und eine diversifizierte Mieterstruktur. Dazu kommt eine politisch gewollte Ausweitung der ambulanten Versorgung: Leistungen aus dem Krankenhaus sollen in ambulante Einrichtungen verlagert werden. Dadurch wird der Bedarf an modernen Gesundheitsimmobilien für ambulante Angebote weiter zunehmen. Das zeigt sich nicht zuletzt durch die jüngste Erweiterung des Katalogs für ambulante Operationen (AOP-Katalog). Nachdem dieser Anfang 2023 um etliche Operationsmöglichkeiten nach dem Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS-Kodes) erweitert wurde, kamen ab dem 1. Januar 2024 weitere OPS-Kodes dazu. Damit wird man künftig schätzungsweise rund 300.000 vollstationäre Fälle pro Jahr vermeiden können, weil die betreffenden Behandlungen stattdessen ambulant durchgeführt werden.
Dies sind einige der zentralen Ergebnisse des ersten „Marktreports ambulante Gesundheitsimmobilien“ von Hauck Aufhäuser Lampe Real Estate Investment Management in Kooperation mit CBRE. „Ambulante Gesundheitsimmobilien werden zunehmend einen größeren Anteil auf dem Investmentmarkt für Healthcare-Immobilien einnehmen. Mit dem ersten Marktreport überhaupt zu diesem Segment wollen wir eine größere Transparenz schaffen und die Gründe für die steigende Nachfrage aufzeigen“, erläutert Patrick Brinker, Head of Real Estate Investment Management bei Hauck Aufhäuser Lampe.
Investmentmarkt Gesundheitsimmobilien
Insgesamt flossen seit 2011 rund 26 Mrd. Euro in die Assetklasse Gesundheitsimmobilien. In den einzelnen Jahren wurde – mit wenigen Ausnahmen und bedingt durch Sondereffekte – der größte Teil dieses Investitionskapitals im Bereich Pflegeheime und im Segment des Betreuten Wohnens allokiert. Insgesamt hängt das Transaktionsvolumen am deutschen Gesundheitsimmobilieninvestmentmarkt maßgeblich von Großtransaktionen ab. Bleiben diese aus, bleibt auch das Transaktionsgeschehen überschaubar. So wurde im zurückliegenden Jahr keine Transaktion im dreistelligen Millionenbereich registriert. Insgesamt erreichte das Transaktionsvolumen 2023 mit insgesamt 931 Mio. Euro knapp die Eine-Milliarde-Euro-Marke.
Mit 578 Mio. Euro entfielen fast zwei Drittel des Transaktionsvolumens 2023 (62 %) auf Pflegeheime. Auf Platz zwei lag Betreutes Wohnen mit 262 Mio. Euro (28 %). Im Vergleich zum Vorjahr wurden somit 55 % beziehungsweise 50 % weniger investiert. In Kliniken und Reha-Kliniken wurden insgesamt 170 Mio. Euro (anteilig 6 %) investiert; 31 % weniger als im Jahr zuvor.
Am stärksten fiel der Rückgang bei Ärztehäusern und Gesundheitszentren aus. Mit 39 Mio. Euro lag das Transaktionsvolumen um 93 % unter dem Ergebnis des Vorjahres, in dem allerdings mit rund 541 Mio. Euro auch ein historisches Rekordvolumen erreicht worden war. Hier zeigt sich, dass das im Markt vorhandene Angebot an modernen und qualitativ hochwertigen Ärztehäusern nicht die große Nachfrage auf Seiten der Investoren decken kann. Seit 2011 wurden insgesamt knapp 2,2 Mrd. Euro in Ärztehäuser und Gesundheitszentren investiert. Der deutsche Investmentmarkt für Ärztehäuser und Gesundheitszentren wird dabei von inländischen Käufern, meist institutionellen Investoren aus dem Bereich der offenen Immobilienspezialfonds, dominiert. Diese sind für 80 % des seit 2011 in dieser Assetklasse allokierten Transaktionsvolumens verantwortlich.
Dr. Jan Linsin, Head of Research Germany bei CBRE, kommentiert: „Vor allem institutionelle Investoren zeigen seit Ausbruch der Corona-Pandemie ein verstärktes Interesse, dieses Anlagesegment aufgrund höherer Renditen zur Beimischung in ihren Bestandsportfolios zu nutzen oder auch eigene assetklassenspezifische Vehikel aufzulegen. Dank der damit verbundenen sozialen Aspekte unterstützt dies die Investoren auch in ihrem Bestreben, die gesteckten ESG-Ziele zu erreichen. Das steigende Interesse an dieser Assetklasse zeigt sich auch in unserer jährlich durchgeführten European Investor Intentions Survey. Von den rund 900 befragten Investoren möchte 2024 fast jeder Dritte in Gesundheitsimmobilien investieren.“
Patrick Brinker, kommentiert: „Der Gesundheitssektor ist eine der am stärksten wachsenden Branchen in unserem Land. Gesundheit und Ambulantisierung sind als Megatrend zu verstehen. Insofern ist das Segment hochinteressant. Im Fokus unserer Fonds für institutionelle Investoren steht der Ankauf von Ärztehäusern und Gesundheitszentren mit einem diversifizierten Mietermix. Dazu zählen wir in der Regel Immobilien mit einer Nutzfläche zwischen 1.000 und 10.000 m² und einem überwiegenden Anteil gesundheitsaffiner Nutzer. Im Gegensatz zu vielen anderen Assetklassen muss es bei Ärztehäusern und Gesundheitszentren hinsichtlich des Standortes nicht unbedingt immer eine Top-7-Stadt sein. Im Gegenteil – als vergleichsweise wertstabil haben sich in den letzten Monaten Objekte in C- und D-Städten gezeigt oder sogar in den größeren Mittelstädten ab 50.000 Einwohnern.“
Marco Schnell, Senior Director Investment Advisory Services bei CBRE, ergänzt: „Wir erwarten, dass sich durch das hohe Investoreninteresse im Jahresverlauf 2024 eine größere Dynamik auf dem Investmentmarkt ergibt. So könnte die geplante Krankenhausreform dazu führen, dass kleinere und unprofitablere Krankenhäuser in eher ländlichen Regionen schließen müssen. Hiervon könnten Ärztehäuser und Gesundheitszentren profitieren, da sie künftig einen Großteil der primären, ambulanten Gesundheitsversorgung übernehmen werden. Für langfristig orientierte Immobilieninvestoren ergeben sich somit entsprechend attraktive Investmentchancen.“
Unterstützend wirkt, dass der Preisfindungsprozess am Gesundheitsimmobilienmarkt größtenteils abgeschlossen sein dürfte. Zum Jahresende 2023 lag die Spitzenrendite (Nettoanfangsrendite) für Ärztehäuser und Gesundheitszentren mit 4,8 % um 0,7 Prozentpunkte höher als im Vorjahr.
Arten von ambulanten Gesundheitsimmobilien
Die ambulante Versorgung findet in Deutschland in den verschiedensten Immobilien statt, weshalb sich unterschiedliche Begriffe etabliert haben. Eine ambulante Gesundheitsimmobilie kann einen (Single-Tenant) oder mehrere Nutzer (Multi-Tenant) haben. Die Nutzflächen solcher Objekte können je nach Lage und Nutzung der Mieteinheiten variieren. Die Spanne reicht grob von ca. 1.000 m² bis über 10.000 m². Der geläufigste Begriff ist das Ärztehaus. Diese Immobilie beherbergt sinngemäß verschiedenste Arztpraxen (Allgemeinmediziner und sonstige Fachärzte), wobei diese als Einzelpraxis, Praxisgemeinschaft, Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) oder Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) organisiert sein können. Der kooperative Gedanke einer fachübergreifenden, patientenorientierten ärztlichen Versorgung steht im Vordergrund.
Bei einer mieterseitigen Erweiterung des Ärztehauses oder Fachärztezentrums um weitere Gesundheitsberufe wie beispielsweise Zahnmedizin, Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie spricht man von einem ambulanten Gesundheitszentrum. Dort sind in der Regel auch weitere gesundheitsaffine Dienstleister wie Apotheke, Sanitätshaus, Hörakustiker oder Optiker vertreten.
Felix Rotaru, Director Healthcare bei Hauck Aufhäuser Lampe, fasst zusammen: „Ambulante Gesundheitsimmobilien kommen in unterschiedlichen Formen am Markt vor. Dabei ist die Grenze zwischen ambulanten und (teil)stationären Einrichtungen nicht immer eindeutig, weshalb auch Mischformen von Gesundheitsimmobilien existieren. Für Investoren ist es daher wichtig, den Gesundheitsmarkt und seine Facetten zu kennen, um Chancen und Risiken der einzelnen Nutzungsarten richtig einschätzen zu können. Der Bedarf an Investitionen in ambulante immobiliare Infrastruktur ist hoch und wird sich durch den Trend zur Ambulantisierung weiter verfestigen.“