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Privates Kapital fließt konstant in Immobilien – aber nicht immer sichtbar

Family-Offices setzen nach JLL-Erhebung vor allem auf Büroobjekte und Sicherheit

Frankfurt am Main, 04.09.2024

Private Investoren haben die Zinswende und das teils turbulente Marktumfeld der vergangenen Jahre genutzt und konstant weiterinvestiert, während das Gesamttransaktionsvolumen des Immobilienmarkts seit Beginn 2022 deutlich zurückging. So waren sie im abgelaufenen Jahr für mindestens fünf Prozent des Gesamttransaktionsvolumens von knapp 31 Milliarden Euro verantwortlich. Zwischen 2014 und 2023 waren es im Schnitt rund zwei Prozent gewesen. Im bisherigen Jahresverlauf sind private Investoren mit zehn Prozent beziehungsweise rund 1,5 Milliarden Euro bei einem Gesamtvolumen von 15,7 Milliarden Euro zum Halbjahr noch präsenter. Allerdings ist dies eine Momentaufnahme und der Trend dürfte sich wieder in die andere Richtung bewegen.

Rüdiger Herrmann, bei JLL in Deutschland auf Private Capital spezialisiert, sagt: „Private Investoren sind eine vergleichsweise konstant investierende Akteursgruppe. Insbesondere dann, wenn sich die Institutionellen aufgrund von Zinsanhebungen oder schleppenden Kreditvergaben zurückhalten, steigen ihre Marktanteile und sie werden sichtbarer. Der hohe Anteil im bisherigen Jahresverlauf markiert voraussichtlich einen Wendepunkt: Zum einen investieren Institutionelle derzeit noch verhalten, zum anderen ist mit dem Verkauf der Fünf Höfe in München an das Family-Office Athos der Hexal-Gründer Strüngmann ein absoluter Ausnahmeabschluss gelungen. Mittelfristig wird die institutionelle Konkurrenz aber wieder deutlich stärker werden und der Anteil privater Investoren prozentual zurückgehen, obwohl er absolut konstant bleibt.“ So eine Situation war beispielsweise in der Hochphase des Marktes 2021 zu erkennen, als privates Kapital bei einem Gesamtvolumen von 111 Milliarden Euro nur auf ein Prozent Marktanteil kam.

Quelle: JLL

Von wenigen Ausreißern abgesehen haben private Investoren in den vergangenen Jahren zwischen einer und 1,5 Milliarden Euro pro Jahr in Immobilien investiert – den Löwenanteil direkt, einen geringeren Anteil indirekt über Asset- und Fondsmanager sowie andere Zwischenstellen. „Der Großteil privater Investoren arbeitet sehr diskret, was bedeutet, dass viele Transaktionen zwar Eingang in die Marktstatistik finden, jedoch nicht publik werden. Darüber hinaus sind viele aber auch in Regionen aktiv, die nicht unmittelbar im Fokus der Immobilienwirtschaft und deren Marktberichterstattung stehen“, stellt Herrmann klar.

Vor allem Büroimmobilien stehen auf den Einkaufslisten der Family-Offices und privaten Investoren: Seit 2014 hatten sie fast immer den höchsten oder zumindest zweithöchsten Anteil am investierten Volumen. Der Höhepunkt wurde 2019 erreicht, als rund 75 Prozent von insgesamt 3,9 Milliarden Euro in Büroobjekte flossen. Im Schnitt der vergangenen Dekade wurde ein Drittel in Büros investiert, Living folgt mit knapp 26 Prozent vor Einzelhandel mit 14 Prozent und Hotels mit neun Prozent. Im Gegensatz zu institutionellen haben private Investoren aber noch nicht ihren Fokus stärker auf Industrie- und Logistikimmobilien gerichtet. Nimmt der Anteil dieses Segments im Allgemeinen zu, so bleibt er beim privaten Kapital eher gering und kommt im langfristigen Schnitt nur auf fünf Prozent.

Transaktion der Fünf Höfe verhilft Mischnutzung zum ungewohnten Höhenflug

Ausnahmen von dieser generellen Norm zeigen sich ausschließlich in Jahren mit niedrigem Gesamtvolumen. Im vergangenen Jahr lag die Nutzungsart Hotel mit 29 Prozent knapp vor Büro. Im laufenden Jahr hat die Transaktion der Fünf Höfe in München als Einmaleffekt die Kategorie Mischnutzung auf bislang gut zwei Drittel gehoben, während diese Kategorie in den vergangenen Jahren kaum über zwölf Prozent kam.

Ebenso zeigt die JLL-Datenauswertung, dass private Investoren ihr Risiko limitieren wollen. So wurden in der vergangenen Dekade im Schnitt 41 Prozent des Kapitals in die Risikoklasse Core investiert. Core-plus folgt mit 32 Prozent vor Value-add mit 18 Prozent.

Es überrascht kaum, dass seit 2014 in den bevölkerungsreichen Flächenländern Bayern (28 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (20 Prozent) mit das meiste Kapital investiert wurde. Dazwischen schiebt sich allerdings die Hauptstadt Berlin mit 21 Prozent.

„Die Anlagestrategie und der zeitliche Horizont privater Investoren unterscheidet sich deutlich von institutionellen Akteuren: Sie setzen auch auf Einzelobjekte mit kleinen und mittleren Volumina und halten ihre Bestandsobjekte häufig länger. Das spiegelt sich sowohl in den Anforderungsprofilen als auch in der Auswahl der Objekte und Regionen wider.  Wenn Finanzierungen wieder einfacher werden und Eigenkapital weniger entscheidend wird, müssen private Investoren kreativ sein, um sich gegen die großen institutionellen Investoren durchsetzen zu können“, bilanziert Rüdiger Herrmann.