Der Tech Sektor steht unter Druck
PropTech Germany 2024 Studie: mit neuen Chancen für Wachstum und Nachhaltigkeit
- Nachhaltigkeit und ESG als Treiber: 49 % der PropTechs spüren wachsenden Druck durch ESG-Regulatorik, was bei einem Drittel zu Produktanpassungen oder -neuentwicklungen, bei 10% zu mehr Umsatz führt.
- Digitalisierung im Fokus: Plattformtechnologien (31 %) und künstliche Intelligenz (17 %) bleiben Kerntechnologien, während der Digitalisierungsdruck weiterhin Haupttreiber für Geschäftsmodelle bleibt.
- Markt- und Wachstumsdynamik: Schwierige Finanzierungsbedingungen belasten das PropTech Wachstum, Wagniskapital wird als unwichtigster Veränderungstreiber benannt; trotzdem erwarten 92 % der PropTechs ein steigendes Neugeschäft in den kommenden drei Jahren.
- Expansions- und Internationalisierungsstrategie: 36 % der PropTechs planen die Erschließung neuer Märkte, wobei Early Stager auch auf Märkte außerhalb Europas wie die USA und Großbritannien abzielen.
Die auf Digitalisierung im Bau- und Immobiliensektor spezialisierte blackprintpartners GmbH (blackprint) mit Sitz in Frankfurt am Main hat in Zusammenarbeit mit dem Institut für Immobilienwirtschaft und -management der Technischen Hochschule Aschaffenburg die „PropTech Germany Studie 2024“ veröffentlicht. Die Studie, die zum fünften Mal durchgeführt wurde, liefert umfassende Einblicke in die Entwicklungen des PropTech-Sektors, der als Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Bau- und Immobilienwirtschaft mit digitalen Innovationen und nachhaltigen Lösungen die Transformation der Branche vorantreiben. Anhand quantitativer Auswertungen liefert das Forschungsprojekt wiederholt mittels erhobener Daten Informationen zur Marktstimmung, der Abdeckungs-Intensität von PropTech-Lösungen im Immobilienlebenszyklus, zu Wachstumsperspektiven und zu wirkenden Veränderungstreiber.
Marktstimmung und Wachstumsdynamik
Die PropTechs schätzen die aktuelle Marktlage skeptischer ein als im Vorjahr. Dennoch prognostizieren 92 % eine positive Geschäftsentwicklung in den nächsten drei Jahren. Dabei wächst der Anteil der Unternehmen, die ihre Produkte bereits erfolgreich am Markt etabliert haben, während neue Produktentwicklungen einen Anstieg von 10 % auf insgesamt ein Viertel verzeichnen.
Technologiefokus und Zielgruppen
Mit einem stabilen Fokus auf Plattformtechnologien (31 %) und künstliche Intelligenz (17 %) bleibt der technologische Kern des Sektors richtungsweisend. 70 % der PropTechs richten sich an B2B-Kunden, wobei B2B2C-Modelle an der Schnittstelle zu Endnutzern mit 23% einen klaren Anteil ausmachen.
Nutzungsklassen und Wertschöpfung
Die PropTechs konzentrieren ihre Lösungen stärker als zuvor auf spezifische Nutzungsklassen, insbesondere Wohnen (83 %) und Büro (72 %). In der Lebenszyklusabdeckung werden PropTechs hingegen breiter. Hier dominieren die Phasen „Finanzieren, Bewerten & Investieren“ (75 %) sowie „Planen & BIM“ (74 %).
Nachhaltigkeit als Schlüsselfaktor
Nachhaltigkeit und ESG-Regulatorik gewinnen als zentrale Treiber stark an Bedeutung. Die Ergebnisse zeigen, dass PropTechs dies sowohl als wirksamste Game Changer für Bau- und Immobilienunternehmen bewerten, als auch für sich selbst. Der Druck durch ESG-Vorgaben führt bei einem Drittel der Unternehmen zu Produktanpassungen oder -neuentwicklungen oder vertriebsbezogenen Neuausrichtungen. Gleichzeitig sehen die meisten PropTechs ein leicht gestiegenes Auftragsvolumen durch den Fokus auf nachhaltige Lösungen. 10% geben für sich als Hauptauswirkung von Nachhaltigkeit mehr Umsatz an.
Schwierige Finanzierungsbedingungen belasten Wachstum der PropTechs
Die Studie zeigt, dass sich das Finanzierungsumfeld für PropTech-Unternehmen weiter verschärft hat. Nur 38 % der befragten Unternehmen konnten im abgelaufenen Jahr erfolgreich eine Finanzierungsrunde abschließen. Auch die eingesammelten Kapitalvolumina sind gesunken, was insbesondere junge Unternehmen trifft: Während die Hälfte der Early Stager keinerlei externes Kapital einwerben konnte, erreichten 47 % der Grown-Ups Finanzierungsvolumina von über 1 Million Euro. Für Early Stager bleibt dies hingegen bislang unerreichbar.
Die durchschnittliche Dauer von Finanzierungsrunden hat sich im aktuellen Marktumfeld ebenfalls verlängert: Die Zahl der Unternehmen, die in weniger als 3 Monaten erfolgreich Kapital einsammeln konnten, sank auf 15 %. Für 21 % der PropTechs dauert der Prozess mittlerweile 7 bis 12 Monate.
Die Bereitschaft von Wagniskapitalgebern, in PropTechs zu investieren, wird von der Mehrheit der Unternehmen als gesunken oder stagnierend beurteilt. 35 % der befragten Unternehmen berichten von einer schwachen bis stark gesunkenen Investitionsbereitschaft. Dennoch zeigen sich auch positive Signale: 23 % der PropTechs sehen eine leichte Erholung im Investoreninteresse.
Diese schwierigen Finanzierungsbedingungen zwingen PropTechs dazu, zunehmend aus eigenen Mitteln oder dem Cashflow zu operieren – ein Umstand, der die Entwicklungs- und Wachstumsmöglichkeiten vieler Unternehmen deutlich einschränkt. Der Druck auf flexible Einnahmemodelle wie Abonnements und Pay-Per-Use bleibt hoch, da diese als Nachweis der Skalierbarkeit gegenüber Investoren entscheidend sind.
Expansion und Internationalisierung
36 % der Unternehmen planen eine Expansion in internationale Märkte. Während etablierte GrownUps primär auf europäische Märkte setzen, zeigen Early Stager eine größere Risikobereitschaft und nehmen Länder wie die USA und Großbritannien im Sinne des „Think Big“ in ihre Expansionspläne auf.
Veränderungstreiber im Fokus
PropTechs identifizieren „Künstliche Intelligenz“, „ESG-Regulatorik“ und „Neue Geschäftsmodelle“ als die disruptivsten Faktoren für die Branche. Die Digitalisierung bleibt der stärkste Treiber für PropTech Geschäftsmodelle, während die Bedeutung von Nachhaltigkeitsanforderungen deutlich zugenommen hat.
Methodik und Teilnehmerstruktur
Die Studie basiert auf einer deskriptiv-statistischen Analyse von 138 vollständig ausgefüllten Fragebögen, die 2024 durch PropTech-Unternehmen eingereicht wurden. Die Teilnehmer decken den gesamten Immobilien-Lebenszyklus und sämtliche Nutzungsklassen ab. Die Clusterung der PropTechs erfolgt in drei Gruppen: Early Stager, Grown-Ups und Conquerers (ausländische PropTechs, die nach Deutschland skaliert sind). Mit der PropTech Germany Studie 2024 wird erneut ein differenziertes Bild der Innovationskraft, Marktreife und Herausforderungen des Sektors gezeichnet. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass digitale Innovationen und nachhaltige Lösungen entscheidend für die Zukunft der Bau- und Immobilienwirtschaft sind.
Prof. Dr. Verena Rock, Leiterin des IIWM Institut für Immobilienwirtschaft und -management, Technische Hochschule Aschaffenburg: „Für die Immobilienbranche wird die Zusammenarbeit mit PropTechs zunehmend zum Game Changer. Nicht nur nimmt der regulatorische Druck zu, den ESG-Herausforderungen mit digitalen Lösungen zu begegnen, sondern auch wachsen Wettbewerbs-, Kosten- und Effizienzdruck, die die digitale Transformation und innovative, digitale Geschäftsmodelle insbesondere in der Krise nötiger machen. Intern können die etablierten Immobilienunternehmen dies weiterhin kaum lösen. Entsprechend werte ich es als positives Signal, dass sich die PropTech Welt gerade neu sortiert: Sie bietet u.a. vor dem Hintergrund der rasanten KI-Entwicklung, schwierig werdender Finanzierungsbedingungen und vielfach ausbleibender Proofs-of-Concept zunehmend Lösungen an, die von der Branche wirklich und dringend gebraucht werden.“
Sarah Schlesinger, Managing Partner/CEO bei blackprint: „Die PropTech-Branche steht an einem Scheideweg: Angesichts des Marktumfelds und -drucks sind die Innovationstreiber des Bau- und Immobiliensektors erheblich stärker als bisher darauf angewiesen, ihre Produktentwicklung und Markteroberung aus vorhandenem Cashflow und eigenen Mitteln zu finanzieren. Die steigenden Umsätze und andere Indikatoren beweisen zwar klar den deutlich gestiegenen Reifegrad des PropTech Sektors, jedoch ist die Branche keinesfalls in breiter Masse in Bewegung gekommen. Das schwierige Marktumfeld bleibt weiter Bewährungsprobe. Die Zurückhaltung durch Wagniskapitalgeber verschärft die Lage. Optimistisch stimmt, dass digitale Innovationen und ESG-Regulatorik als zentrale Treiber von den PropTechs positiv für die Branchen-Disruption wie auch die eigene Geschäftsentwicklung gesehen werden. Da ist er, der erneute Beweis: Wer jetzt auf Nachhaltigkeit, skalierbare Geschäftsmodelle undtechnologische Reife setzt, hat die besten Chancen auf eigenen wirtschaftlichen Erfolg. Und darauf,
den Markt langfristig zu prägen.“
Die vollständigen PropTech Germany Studie 2024 finden Sie unter: