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Talfahrt gestoppt: Preisboden gefunden | steigendes Transaktionsvolumen bei Wohnimmobilien

Frankfurt am Main, 02.07.2024
Faktorkarte
  • Transaktionsvolumen mit 1,8 Mrd. € in Q2 das umsatzstärkste Quartal seit Q1 2023
  • Faktoren stabilisieren sich auf Jahresendniveau 2023
  • Viel Aktivität im Bereich nicht klassischer Investments, z.B. durch Minderheitsbeteiligungen oder Unternehmensübernahmen
  • Nachfrage nach Investments bleibt hoch – viele neue „Resi“ Fonds

Große Transaktionen treiben Volumen von Q2

Im zweiten Quartal lag das Transaktionsvolumen für Wohnimmobilien in Deutschland bei 1,8 Mrd. €. Dies ist der höchste Wert seit dem ersten Quartal 2023. Hinter dem historischen 10-Jahresschnitt von 3,5 Mrd. € bleibt es allerdings weiterhin zurück. Zusammen mit dem ersten Quartal ergibt sich ein Halbjahresvolumen von 2,9 Mrd. €. Mit mehr als 10.000 Wohneinheiten, die im zweiten Quartal gehandelt wurden, stellt auch die Anzahl der Wohnungen einen hohen Wert dar, der seit Anfang 2022 nicht mehr erreicht worden war.

Bedeutender Treiber des Volumens sind großvolumige Abschlüsse – Transaktionen mit einem Volumen über 100 mio. € waren für 51 % des gesamten Volumens verantwortlich. Allen voran ist hierbei der Kauf von 4.500 Wohneinheiten und 40 ha Land (davon 6 ha Bauland) in Berlin zu nennen. Für das Portfolio hat die HOWOGE und Berlinova 700 mio. € an Vonovia gezahlt. Auch andere Immobilien AGs, wie die LEG, die Portfolios in NRW oder Laatzen bei Hannover veräußerte, gehört zu den aktiven Verkäufern.

Es sind nicht nur angelsächsische Private Equity Häuser, die aktuell den deutschen Wohnimmobilienmarkt im Ziel haben. Im Gegenteil. In den letzten anderthalb Jahren wurden über 25 neue Immobilienfonds mit dem Investmentfokus „Resi Deutschland“ initiiert oder angekündigt.  Im Jahr 2022 waren es 10 Fonds, 2021 nur 9 Vehikel. Ein großer Teil der neuen Fonds wurde dabei von deutschen Managern initiiert. Es gibt also sehr wohl viel heimische Nachfrage nach Wohnimmobilien.

Pricing – der Boden ist gefunden

In unseren 111 Fokusmärkten haben wir für das erste Halbjahr 2024 eine Stabilisierung der Faktoren auf dem Niveau von Ende 2024 festgestellt. Dies gilt sowohl für Bestandsimmobilien als auch für Neubauimmobilien. Der Investmentmarkt ist nach wie vor ein ausgeprägter Käufermarkt. Das heißt Transaktionen finden nur dann statt, wenn die Verkäuferin bereit ist, zu dem Preis zu verkaufen, den die Käuferin maximal bietet. Diesen Umstand berücksichtigen wir in der Herleitung der Marktfaktoren ausdrücklich.

Für Bestandsimmobilien liegen die marktüblichen Faktoren in A-Märkten bei dem durchschnittlich 20,8-fachen in mittleren Lagen und dem 23,1-fachen in guten Lagen. Für B- (16,5-fach mittlere Lage | 19,4-fach gute Lage)), C- (16,3-fach | 19,1-fach) und D-Märkte (14,4-fach | 17,2-fach) lagen die Faktoren entsprechend tiefer. Im Bereich Neubauimmobilien liegt die Range zwischen 23,9 in guten und 22,2 in mittleren Lagen in A-Städten bis 20,4 in 18,6 in D-Märkten.

Im Vergleich zum Jahresende 2023 gab es also nur minimale Marktentwicklungen. Wir gehen daher davon aus, dass die Marktkorrektur im Investmentmarkt weitestgehend abgeschlossen ist. Bei Bestandsportfolios von Immobilien AGs und insbesondere von Immobilienfonds sind noch Abwertungen möglich, weil Immobilienbewertungen in einigen Fällen noch nicht dem aktuell am Markt erzielbaren Preis entsprechen. Allerdings befinden wir uns in einem Umfeld steigender Mieten, was sich mittelfristig positiv auf die Wertentwicklung auswirken dürfte.   

Die Zinswende hatte bisher keinen nennenswerten Einfluss auf die Märkte – insbesondere weil Finanzierungskosten von dem Zinsschritt kaum tangiert wurden. Konkretere Auswirkungen dürfte man erst bei einem nachhaltigen Trend fallender Zinsen sehen. Dies könnte sich nach aktueller Marktmeinung langsamer bzw. vorsichtiger manifestieren als noch vor einigen Monaten angenommen. Ob die Fed – im Gegensatz zur EZB – in diesem Jahr überhaupt Zinsen senken wird, steht indes nicht fest.

Dennoch gibt der Zinsschritt vor allem psychologisch ein wichtiges Zeichen in den Markt. Denn damit ist die Zinswende nach unten konkret eingeleitet. Dies schmälert Zinsrisiken für Investoren und macht Investments generell kalkulierbarer. In Kombination mit dem erreichten Boden im Pricing, stellt dies ein attraktives Umfeld für Investments dar. Dies sollte sich in den kommenden Quartalen in mehr Marktaktivität niederschlagen.

Ausblick Preisentwicklung: Positiv, aber mietgetrieben

Vor dem Hintergrund der zu erwartenden „eher verhaltenen“ Zinswende ist es wahrscheinlich, dass sich auch Ankaufsfaktoren in den nächsten Quartalen nur wenig bis gar nicht entwickeln werden. Die Kapitalmarktseite dürfte also nur geringen Einfluss auf die Wertenwicklung von Immobilien haben. Allerdings bleibt die Mietmarktseite nach wie vor sehr angespannt und die Neubaupipeline auf absehbare Zeit dünn. Es ist also davon auszugehen, dass in diesem und nächsten Jahr weiter Aufwärtsdruck auf Mieten liegen wird. Wir erwarten, dass dies, wie in den vergangenen Jahren, ein Thema in der breite sein wird und sowohl die Top-Märkte als auch die Städte der zweiten Reihe betrifft.

Die Income-Seite dürfte dementsprechend positive Impulse bei der Wertentwicklung von Immobilien setzen. Denn bei gleichbleibenden Faktoren und steigenden Mieten steigt auch der Kapitalwert von Immobilien.

Weiter viel Aktivität und Investmentnachfrage abseits der klassischen Transaktionen

Alternative Finanzierungen und Marktaktivität, die nicht in das klassische Transaktionsvolumen einfließen, sind weiterhin ein relevantes Thema. Das war in den letzten Monaten beispielsweise bei den Apollo – Vonovia Beteiligungen zu sehen. Auch in Q2 2024 gab es eine großvolumige Minderheitsbeteiligung von CDC Investment Immobilier an einem Berliner Wohnimmobilienportfolio von 49%. (Anmerkung: Minderheitsbeteiligungen wie diese fließen nicht in unser Transaktionsvolumen ein.) Ein weiterer Beleg für die Nachfrage nach deutschen Immobilien ist die Übernahme des insolventen Entwicklers Interboden durch den schottischen Alternative Asset Manager „Arrow Global“, die wiederum zu dem Private Equity Investor TDR Capital gehört. Angelsächsisches und zunehmend auch asiatisches Kapital bleiben aktive Player und Beobachter des deutschen Marktes – vor allem auch abseits klassischer Transaktionen.