Textilkonzerne geben dem deutschen Einzelhandelsvermietungsmarkt Stabilität
Textilkonzerne geben dem deutschen Einzelhandelsvermietungsmarkt Stabilität
Der deutsche Markt für Einzelhandelsvermietungen steuert nach einem sehr konstanten Jahr 2024 auf einen Gesamtflächenumsatz von rund 450.000 m² zu, was in etwa auf dem Niveau des Vorjahres liegen würde. Zugleich ist bei der aktuellen Dynamik nicht ausgeschlossen, dass der Markt ein leichtes Wachstum verzeichnen könnte. Dabei ist die Nachfrage nach Flächen mit mehr als 1.000 m² weiterhin groß. Diese Großanmietungen machten in den ersten drei Quartalen 2024 mit 55 Prozent mehr als die Hälfte des gesamten Flächenumsatzes aus. „Viele im Markt etablierte Händler suchen diese Größenkategorie, um ihr Filialnetz zu konsolidieren. Allerdings sind diese Ladenlokale in Toplagen und entsprechender Qualität Mangelware, so dass wir davon ausgehen, dass diese Flächen im kommenden Jahr erneut stark im Fokus stehen werden“, erwartet Aniko Korsos, Head of Retail Leasing JLL Germany.
Verfügbarkeit von Ladenlokalen geht wieder langsam zurück
Die konstant hohe Nachfrage und Flächenumsätze von mehr als 100.000 m² je Quartal – bei einem positiven Ausreißer von 136.600 m² im zweiten Quartal – haben für Entspannung bei der von JLL erhobenen Verfügbarkeitsquote gesorgt. Demnach waren in den 1a-Lagen der neun größten Einkaufsstädte 15,1 Prozent (2023: 15,5 Prozent) der Ladenlokale beziehungsweise 15,3 Prozent (2023: 16,5 Prozent) der Fläche verfügbar. Die Quote umfasst realen Leerstand, aber auch Flächen, bei denen der Mietvertrag binnen der nächsten 18 Monate ausläuft, die im Umbau sind oder, für welche der aktuelle Nutzer einen Nachmieter sucht.
„Das ist eine positive Entwicklung, die die Resilienz des stationären Handels auch in diesen wirtschaftlich herausfordernden Zeiten belegt. Zugleich sind die aktuellen Werte aber noch weit von denen vor der Pandemie entfernt, als 11,5 Prozent der Ladenlokale und 7,5 Prozent der Ladenflächen in den Toplagen verfügbar waren“, zieht Korsos den langfristigen Vergleich.
Besonders positiv war die Entwicklung in Frankfurt, wo die Verfügbarkeit von Geschäften um 6,1 Prozentpunkte auf 9,4 Prozent zurückging. Auch in Düsseldorf sank der Wert – um 2,1 Prozentpunkte auf 12,4 Prozent. Vergleicht man das Flächenangebot ist das vor allem in Hamburg deutlich knapper geworden, wo die Verfügbarkeit nach Quadratmetern von 18,1 Prozent auf 8,5 Prozent zurückging. „In der Hansestadt hat es in den vergangenen beiden Jahren einige Sondereffekte durch die Fertigstellung des Westfield Überseequartiers gegeben. Dort gab es eine Reihe von Großabschlüssen, die sowohl den Flächenumsatz in Hamburg signifikant nach oben trieben und gleichzeitig die Verfügbarkeit reduzierten“, ordnet Aniko Korsos die deutliche Veränderung an Alster und Elbe ein.
Die höchste Verfügbarkeit nach Fläche wird derzeit mit 33,4 Prozent in Hannover gemessen, die niedrigste in Düsseldorf mit 6,3 Prozent. Nach Anzahl der verfügbaren Ladenlokale gemessen bieten sich mit 20,1 Prozent die meisten Optionen in Köln, während der Wettbewerb in Frankfurt mit 9,4 Prozent am härtesten ist.
Bestseller, Woolworth und Inditex treiben Expansion ihrer Filialnetze in Deutschland voran
Derweil waren Textilhändler und die Kaufhausparte im ablaufenden Jahr besonders aktiv. In den ersten drei Quartalen eröffnete die Bestseller-Gruppe mit ihren Marken Only, Only & Sons, Vero Moda und Jack & Jones insgesamt 14 Filialen in Deutschland. Die US-amerikanische Warenhauskette Woolworth kommt im gleichen Zeitraum auf ein Dutzend neue Standorte, gefolgt von der Inditex-Gruppe mit Zara, Bershka, Stradivarius und Pull & Bear, die elf neue Filialen eröffnete. Mit mehr als fünf Anmietungen waren auch der niederländische Non-Food-Discounter Action (neun), die Lukas-Podolski-Dönerkette Mangal x LP10 und Sostrene Grene (jeweils acht), Go Asia und Tedi (jeweils sieben) sowie Deichmann, Haus des Döners, Kiko Milano und L’Osteria mit je sechs Neueröffnungen auf Expansionskurs. Derweil war das Bekleidungshaus C&A mit Abstand der größte Flächenabnehmer und mietete 18.100 m² verteilt über fünf Standorte an. Auch hier belegt Woolworth mit 14.200 m² den zweiten Rang vor Bershka mit 10.300 m² bei fünf neuen Läden.
Stärkste Branche ist nach wie vor die Textilsparte mit 36 Prozent, deren Anteil zwar zehn Prozentpunkte unter dem Vorjahr liegt, aber mit deutlichem Abstand vor dem Segment Gastronomie/Food, das konstant bei 20 Prozent verharrt. „Während der Pandemie hatten sich die beiden Branchen angesichts der expansiven Nahversorger ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert, doch jetzt ist der Textilhandel wieder deutlich vorne, weil er im Schnitt viel größere Ladenlokale anmietet“, erklärt Aniko Korsos das Comeback des Branchenprimus. Vor allem Bekleidungshäuser und Young Fashion untermauern die wiedererrungene Vormachtstellung des Textilhandels.
Auf dem dritten Rang findet sich nach wie vor die Gesundheits-/Beauty-Branche – allerdings derzeit bei sieben Prozent Anteil am Flächenumsatz, nachdem es in den vergangenen Jahren teilweise das Doppelte war. „Der Verkauf von Parfums and Beautyprodukten ist nach wie vor sehr lukrativ und wir sehen beispielsweise mit Kiko Milano und Sephora zwei expansive Marken. Derweil treiben die Drogeriemarktketten ihre Expansion außerhalb der 1a-Lagen voran und tauchen daher nicht in unserer Statistik auf“, erklärt Korsos den überraschend niedrigen Anteil.
Die Spitzenmieten im Einzelhandel sind mit Ausnahme einer leichten Korrektur während der Pandemie seit gut zehn Jahren auf einem konstanten Niveau. München führt das Feld mit 340 Euro vor Berlin (290 Euro) und Frankfurt (270 Euro) an. Zwar können die deutschen Einkaufsdestinationen bei der Spitzenmiete nicht mit den europäischen Spitzenreitern Paris, Zürich, Genf und London mithalten, bieten dafür aber eine außergewöhnliche Phalanx aus sieben Standorten im Spitzensegment. Kein anderes Land kommt auf diese Bandbreite und Vielfalt und auch Städte wie Köln und Stuttgart liegen noch deutlich über Hauptstädten wie Oslo, Prag, Amsterdam und Dublin.
„Für internationale Konzepte, zum Beispiel aus den USA, gibt es in Europa immer bestimmte Trendmärkte. War es im vergangenen Jahr Warschau, so ist es dieses Jahr Mailand. Deutschlands Metropolen wie Berlin, München und Frankfurt sind immer gefragt und oft das Tor zum deutschen Markt. Hier ist es von Vorteil, dass die Mieten günstiger als in Paris und Zürich sind“, vergleicht Korsos.
Für das kommende Jahr rechnet Aniko Korsos mit einer gesunden Mischung aus Chancen und Herausforderungen: „Ich erwarte, dass die Umsätze im Einzelhandel stabil bleiben werden und sich das auch in der konstanten Nachfrage nach Einzelhandelsflächen widerspiegeln wird. Natürlich werden einige Konzepte ihr Portfolio anpassen, indem sie expandieren oder konsolidieren. Ebenso werden weiter neue Marken auf den Markt kommen und andere verdrängen.“ Darüber hinaus erwartet sie positive Impulse dadurch, dass die nun länger brach liegenden ehemaligen Signa-Projekte fortgeführt und fertiggestellt werden. „Zugleich zeichnet den deutschen Markt aus, dass die Mietkonditionen fair und auch Mittelstädte attraktiv sind“, sagt Korsos, „zudem wird der Textilhandel auch im kommenden Jahr seine Marktdominanz ausspielen.“