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Top-Einkaufsmeile Kaufingerstraße erneut mit höchster Lauffrequenz

Im Schnitt rund 7.300 Passanten pro Stunde durchqueren Kaufingerstraße / Messpunkt am Karlsplatz (Stachus) verliert an Boden und wird von Rosen- und Theatinerstraße überholt / Sendlinger Straße ist noch keine 1a-Geschäftskernlage

München, 25.09.2024
  • Im Schnitt rund 7.300 Passanten pro Stunde durchqueren Kaufingerstraße
  • Messpunkt am Karlsplatz (Stachus) verliert an Boden und wird von Rosen- und Theatinerstraße überholt
  • Sendlinger Straße ist noch keine 1a-Geschäftskernlage

Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat die Passanten-Frequenz in der Münchner Innenstadt gemessen und die Ergebnisse im Rahmen einer Video-Pressekonferenz am 24.09.2024 vorgestellt. „Die großen Einkaufsstraßen am internationalen Retail-Topstandort München zeigten sich auch während der IVD-Passanten-Frequenzzählung im Sommer 2024 äußerst belebt – Spitzenreiter in Bezug auf die Lauffrequenz bleibt die Kaufingerstraße“, erklärt Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. Der Messpunkt am Karlsplatz (Stachus) hat angesichts des Auszugs des Kaufhof-Warenhauses im Jahr 2022 sowie der vielen stillstehenden Baustellen im nahen Bahnhofsviertel zuletzt hingegen etwas an Anziehungskraft verloren. Der Fußweg vom Hauptbahnhof über die Schützenstraße hin zum Stachus gestaltet sich derzeit alles andere als attraktiv und das strahlt auch auf den Stachus selbst aus.“

Die zentrale Aussage der IVD-Passanten-Frequenzzählung liegt nicht in der Frequenzzahl an sich, sondern in der Relation der Frequenzen an den Messpunkten. Da Einflüsse wie Wetter, Wochentag, Veranstaltungen, aber auch coronabedingte Einschränkungen, die Resultate teilweise stark beeinflussen können, ist nur ein bedingter Vergleich der Passanten-Zahlen über die Jahre möglich bzw. sinnvoll. Insofern wird der IVD-Frequenz-Quotient ermittelt, der eine Vergleichbarkeit der verschiedenen Messpunkte untereinander ermöglicht.

Die IVD-Passanten-Frequenzzählung fand im Juli 2024 kurz vor Beginn der Sommerferien in Bayern statt. Im Rahmen der Studie wurde das Passanten-Aufkommen an insgesamt zwölf Messstandorten in den Münchner 1a- und 1b-Innenstadtlagen gemessen und analysiert. An neun Standorten wurden die Passanten klassisch gezählt, an drei weiteren Standorten (Theatinerstraße, Tal Mitte, Maximilianstraße Mitte) wurde auf die Daten von hystreet.com zurückgegriffen. 

Im Durchschnitt der zwölf Messpunkte wurde in der diesjährigen Studie eine Passanten-Frequenz von 3.668 Personen pro Stunde ermittelt. Der aktuell gemessene Wert liegt somit unter dem Vorjahres-Niveau (2023: 3.899 Passanten pro Stunde), aber spürbar über dem Jahr 2022 (3.325 Passanten pro Stunde). In allen drei Jahren fanden die Zählungen Mitte Juli statt. Zum Vergleich: In den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 wurden 2.336 bzw. 2.425 Passanten pro Stunde gezählt. Pandemiebedingt fanden die Zählungen jeweils im September statt, also in einer Zeit ohne Lockdowns.

Insgesamt zeigte sich die Münchner Innenstadt im Sommer 2024, wie schon in den beiden Vorjahren, wieder sehr belebt und vollständig erholt von den coronabedingten Verwerfungen. Dies verdeutlicht auch die Entwicklung der Tourismuszahlen in der bayerischen Landeshauptstadt. Diese treiben die Passenten-Frequenzen in den Münchner Top-Lagen erheblich an. Im ersten Halbjahr 2024 wurde mit rund 8,7 Mio. Übernachtungen das sehr gute Halbjahresergebnis aus dem letzten Vor-Corona-Jahr 2019 nochmals übertroffen. Ein Treiber für die starken sechs Monate war insbesondere auch die Fußball Europameisterschaft 2024, die unter anderem am Spielort München stattfand.

In der aktuell durchgeführten Zählung wurde am Messpunkt in der Kaufingerstraße erneut die höchste Lauffrequenz gemessen. Durchschnittlich passierten hier 7.306 Personen pro Stunde den Messpunkt. Dieser Wert gilt insofern als Maximalwert für den IVD-Frequenz-Quotienten (= 1,00). In der Top-Einkaufsmeile haben sich mehrere Flagship-Stores internationaler Marken niedergelassen.

Auf dem zweiten Rang der diesjährigen Untersuchung folgt die Rosenstraße mit einer durchschnittlichen Passanten-Frequenz von 5.864. Dies entspricht einem IVD-Frequenz-Quotienten von 0,80. Einige attraktive stationäre Händler, wie der Apple-Store sowie das Sporthaus Schuster, sind in der Rosenstraße ansässig. Zudem treibt das traditionell hohe Passanten-Aufkommen am Marienplatz, einem der beliebtesten Treffpunkte und bekanntesten Touristenmagneten der Stadt, auch in der Rosenstraße die Passanten-Zahlen nach oben.

Unter den Top 3 befindet sich auch die Theatinerstraße. Die hin zum belebten Odeonsplatz verlaufende Einkaufsmeile bietet selbst ein umfangreiches Angebot an Geschäften und Gastronomie. Als ein Ankerpunkt zählt die Einkaufspassage „Fünf Höfe“ mit rund 60 Geschäften. Insgesamt durchquerten im Schnitt 4.973 Passanten pro Stunde die Theatinerstraße; der IVD-Frequenz-Quotient lag bei 0,68.

Mit einem Frequenz-Quotienten von 0,65 ist der Messpunkt am Karlsplatz (Stachus) in der aktuellen Untersuchung auf den vierten Platz abgerutscht. Im Schnitt durchquerten 4.754 Personen pro Stunde den Zählpunkt. Der belebte Standort, der das Tor zur zentralen Münchner Fußgängerzone darstellt, hat in den letzten Jahren tendenziell im Vergleich zu anderen Münchner Top-Lagen etwas an Anziehungskraft eingebüßt; 2019 belegte der Messpunkt hinsichtlich der Passanten-Frequenz noch den ersten Platz. Unter anderem steht das ehemalige Kaufhof-Kaufhaus seit dem Auszug von Galeria im Jahr 2022 leer. Das denkmalgeschützte Gebäude soll in den kommenden Jahren umgestaltet werden. Künftig soll es dann keine klassische Nutzung mit Einzelhandel mehr geben; im Gespräch ist ein Mix unter anderem aus Geschäften, Büros und Konferenzräumen. Gerade die oberen Etagen derartiger ehemaliger Kaufhäuser sind für den Einzelhandel in den vergangenen Jahren immer unattraktiver geworden. Auch die rund um die Signa-Pleite stillstehenden Bauprojekte im Bahnhofsviertel wirken sich eher negativ auf den nahe gelegenen Karlsplatz (Stachus) aus. 

Die Weinstraße sowie die Dienerstraße belegen die Plätze 5 und 6. Die beiden Messpunkte wurden im Schnitt von 4.522 (IVD-Frequenz-Quotient = 0,62) sowie 3.743 (0,51) Passanten pro Stunde durchschritten. Wie die Rosenstraße profitieren auch die Weinstraße und die Dienerstraße von ihrer Nähe zum Marienplatz. Der zwischen den beiden Straßen gelegene Marienhof, bis vor wenigen Jahren ein freier begrünter Platz, ist im Zuge der Errichtung der zweiten Münchner S-Bahnstammstrecke inzwischen zu einer Großbaustelle geworden. 

Die Sendlinger Straße, die sich unmittelbar an die Rosenstraße anschließt, wurde durch die Umwandlung in eine autofreie Fußgängerzone bis Ende 2019 spürbar aufgewertet. In der Folge fanden sich zahlreiche neue Mieter ein – der Filialisierungsgrad nahm spürbar zu. Auch einige Jahre nach der Umgestaltung zeichnet sich die Sendlinger Straße durch eine vergleichsweise hohe Fluktuationsquote aus – im Vergleich zu anderen Münchner Einkaufslagen gibt es hier spürbar mehr Bewegungen im Ladenbesatz. Bezogen auf die Passanten-Frequenz kann die Sendlinger Straße zudem bei Weitem nicht mit den großen Münchner Einkaufsstraßen mithalten und ist somit derzeit noch keine 1a-Geschäftskernlage. Die beiden Zählpunkte in der Sendlinger Straße belegten 2024 die Plätze 7 und 10. Am Zählpunkt Sendlinger Straße/Ecke Hackenstraße wurden im Schnitt 3.340 Passanten pro Stunde (IVD-Frequenz-Quotient = 0,46) erfasst, am Zählpunkt Sendlinger Straße Hausnummer 41 lag der Wert bei 1.718 (0,24). Die Lauffrequenz nimmt somit im Straßenverlauf hin zum Sendlinger Tor deutlich ab. Prof. Stephan Kippes fasst das wie folgt zusammen: „Die Kaufingerstraße ist eine klassische 1a-Geschäftskernlage. Wenn die Sendlinger Straße im vorderen Teil nicht einmal die Hälfte der Passanten der Kaufingerstraße erreicht und im hinteren Bereich nicht einmal ein Viertel, dann ist die Sendlinger Straße derzeit eindeutig keine solche 1a-Geschäftskernlage.“

Auf dem achten Rang der diesjährigen Zählung landete die Residenzstraße mit im Schnitt 3.041 Passant pro Stunde sowie einem IVD-Frequenz-Quotienten von 0,42. Das Tal mit einer durchschnittlichen stündlichen Lauffrequenz von 2.109 bei einem IVD-Frequenz-Quotienten von 0,29 folgt auf dem neunten Platz.

Die angesagteste Flaniermeile Schwabings, die Leopoldstraße, liegt in einiger räumlicher Entfernung zu den weithin bekannten zentralen Straßenzügen und Sehenswürdigkeiten und kann daher in Bezug auf die Passanten-Frequenz nicht mit den absoluten Top-Lagen mithalten. Gemessen an der Lauffrequenz von durchschnittlich 1.719 Menschen pro Stunde befindet sich die Leopoldstraße auf Platz 11 der zwölf untersuchten Messpunkte. Der IVD-Frequenz-Quotient lag bei 0,24.

Die Maximilianstraße spricht mit ihren Filialen zahlreicher namhafter Modeschöpfer nur einen sehr ausgewählten, besonders zahlungskräftigen Kundenkreis an. Den Messpunkt in Münchner Edelmeile durchquerten im Schnitt 927 Passanten pro Stunde. Mit einem IVD-Frequenz-Quotienten von 0,13 nimmt der exklusive Standort somit den letzten Rang (Platz 12) in der Untersuchung ein.